La Sambuy in den französischen Alpen baut die Lifte ab: Zu wenig Schnee. 150 Skiorten ist es in Frankreich in den vergangenen Jahren gleich ergangen. Was bleibt, sind hässliche Ruinen.

Korrespondenten: Stefan Brändle (brä)

La Sambuy ist ein hübscher Familienskiort mit Blick auf den Mont Blanc. Oder genauer: war. Denn Skifahren gehört in La Sambuy der Vergangenheit an. Der Sessellift und die drei Skilifte werden nächstens abgebaut. „Sie stehen die meiste Zeit still und liegen nur noch unserem Haushalt auf“, meint Bürgermeister Jacques Dalex gegenüber dieser Zeitung. „Der ganze Betrieb spielt ein Jahresdefizit von 500 000 Euro ein, davon entfallen 80 000 Euro auf den Sessellift. Damit muss jetzt Schluss sein.“

 

Der freundliche Bürgermeister erzählt, dass einst die Gegend südlich vom Lac d’Annecy von Anfang Dezember bis Ende März weiß gewesen sei. Das sei aber schon lange nicht mehr der Fall. Im vergangenen Winter habe der Sessellift von La Sambuy gerade mal fünf Wochen lang funktioniert, die Pisten seien von Steinen durchsetzt gewesen. „Da lohnt es sich nicht, die ganze Infrastruktur eines Skiortes aufrechtzuerhalten“, bedauert Dalex.

Man sucht ein Modell für „sanften Tourismus“

Ein lokaler Verein wehrt sich noch gegen den Abbau der Skilifte. Er schlägt diverse Maßnahmen vor, die Geld einspielen sollen, darunter etwa die Einführung von Parkgebühren. Dalex winkt aber ab: Diese Lösung sei „nicht lebensfähig“ angesichts des chronischen Schneemangels. Von den sechs – grünen bis schwarzen – Pisten beginne keine über 1850 Metern. Das sei zu wenig. Der Bürgermeister sucht deshalb „ein neues Modell für einen sanften Tourismus“, mit Betonung auf den Sommeraktivitäten; im Winter würden je nach Beschneiung Langlauf oder Schneewanderungen angeboten. Nein, im Frühling muss der Sessellift daran glauben.

La Sambuy, das administrativ zur 7000- Einwohner-Gemeinde Faverges gehört, ist nicht der einzige französische Skiort, der wegen der Klimaerwärmung seine Bahnen und Pisten schließen muss. Im vergangenen Jahr hatte im Departement Hautes-Alpes bereits Saint-Firmin seinen einzigen Sessellift abgebaut. Heute figuriert das Dorf in der französischen Webseite der „stations fantômes“, der Geisterstationen. Dort finden sich auch größere Anlagen wie etwa der ehemalige alpine Winterskiort Saint-Honoré, der auf 1500 Metern gelegen war und heute nur noch eine hässliche Betonruine ist.

Viele Gemeinden sind hoch verschuldet

150 Skiorten ist es in Frankreich in den vergangenen Jahren gleich ergangen. Meist handelt es sich um kleinere und nicht ganz so hoch gelegene Orte im Jura, den Pyrenäen, aber auch in den Alpen. Manchmal sind die Gemeinden so hoch verschuldet, dass sie nicht einmal die Mittel haben, die Wintersportanlagen abzubauen. Die französische Organisation „Mountain Wilderness“ hat 106 verlassene Skilifte im ganzen Land gezählt. Eisen- oder Betonhaufen, Masten und Kabel, ehemalige Häuschen und Hütten rosteten auf offener Wiese oder warteten auf den Abtransport, so die Organisation.

Das Wissenschaftsportal „Nature Climate Change“ hat ausgerechnet, dass von den 2235 Skiorten in Europa 53 Prozent ein sehr hohes Risiko für chronischen Schneemangels aufwiesen, wenn die Erdtemperatur – wie erwartet – um zwei Grad steigt. Betroffen sind vor allem Stationen um die 1000 Meter Höhe. Von den 584 französischen Stationen Frankreichs, in denen neben den Saisonkräften 120 000 Festangestellte ein Auskommen finden, seien 200 gefährdet. Hoch gelegene Prestigeorte wie Courchevel oder Mégève ziehen sich besser aus der Affäre. „Aber auch sie werden nicht mehr wie heute funktionieren können“, warnt Samuel Morin vom Wetterdienst Météo-France.

Wissenschaftler zeichnen düstere Aussichten für Wintersport in den Alpen

Schneemenge
 Die Schneesaison in den Alpen unterhalb einer Höhe von 2000 Meter hat sich laut einer Studie im Alpenraum verglichen mit 1971 um bis zu 34 Tage verkürzt. Diese vom Südtiroler Institut Eurac Research in Bozen koordinierte Langzeitstudie beschreibt, dass im durchschnittlichen Trend an allen untersuchten Punkten in den Alpen die Schneetiefe von November bis Mai im Schnitt um 8,4 Prozent pro Dekade zurückgegangen ist und die gesamte Schneebedeckte Zeit pro Dekade um 5,4 Prozent gesunken ist.

Skigebiete
Eine andere, vom Deutschen Alpenverein 2013 in Auftrag gegebene Studie ist zu dem Ergebnis gekommen, dass langfristig nur drei Skigebiete in den deutschen Alpen überleben werden – auf der Zugspitze, am Fellhorn und am Nebelhorn im Allgäu.