Die deutschen Handballerinnen bereiten sich in Bietigheim mit einem Länderspiel gegen die Schweiz auf die Europameisterschaft vor. Die 189malige Nationalspielerin Anna Loerper (Zweite von rechts) hat im deutschen Team die größte internationale Erfahrung.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Bietigheim - Der Gedanke an eine Eishockeyhalle lässt Anna Loerper erschaudern. Kein Wunder, schließlich ist sie Handballerin und hat schlechte Erfahrungen mit so einem Spielort gemacht. Einst in Lillehammer war’s, bei einem Länderspiel gegen Norwegen. „Da saßen wir in Wintermänteln schlotternd auf der Bank“, erinnert sich der Neuzugang der Tus Metzingen an die ungewöhnlichen Umstände.

 

So weit wird es an diesem Dienstag nicht kommen, wenn das deutsche Frauen-Nationalteam in der Bietigheimer Egetrans-Arena den Countdown der EM-Vorbereitung einläutet. Mit Kuhglocken? Es geht ja im Testspiel gegen die Schweiz (19.30 Uhr), die zwar nicht zur ersten internationalen Garnitur zählt, aber das kommt dem Bundestrainer Heine Jensen (37) gar nicht unrecht. So kann er ein wenig experimentieren. Ganz bewusst hat er auf seine Auslandsprofis verzichtet, für die der Kurzlehrgang terminlich nicht ins Programm gepasst hat. Susanne Müller (Györ), Laura Steinbach (Budapest/beide Ungarn), Anja Althaus (Skopje/Mazedonien) sowie Clara Woltering (Podgorica/Montenegro) fehlen also – nicht aber Anna Loerper.

Anna Loerper glänzt mit Erfahrung

Die spielt ja auch in Metzingen und nicht in Mazedonien und ist so etwas wie eine feste Größe im Team. „Sie ist eine unserer erfahrensten Spielerinnen“, sagt Jensen, „mit den meisten Länderspielen.“ 189 an der Zahl, mehr hat keine im aktuellen Aufgebot, das seit Montag in der Sportschule Ruit zusammen ist. Sie hat schon unter Armin Emrich und Rainer Osmann gespielt und sagt: „Wenn wir unsere Leistung bringen, sind wir nur schwer zu schlagen. Der nächste Schritt soll bei der EM gemacht werden“ – im Dezember in Kroatien und Ungarn gegen Holland, Kroatien oder Schweden. „Im Moment gibt es wenige, die Lust haben gegen uns zu spielen“, sagt Loerper.

Unter dem Dänen Jensen, der 2011 mit einem katastrophalen 17. WM-Platz startete, hat sich die Mannschaft kontinuierlich gesteigert. Er ist ein typischer skandinavischer Trainertyp: Jensen legt Wert auf eine knallharte 6:0-Deckung und eine professionelle Einstellung. Die kennt Anna Loerper von ihrem zweijährigen Gastspiel bei Tvis Holstebro in Dänemark, kein Problem also. „Ich bin immer noch genauso ehrgeizig und erfolgshungrig wie 2005.“ Das war der Start ihrer Karriere, die mit Platz drei bei der WM 2007 einen Höhepunkt hatte.

Ambitionierte Ziele mit der TuS Metzingen

Der Ehrgeiz gilt übrigens nicht nur für die Nationalmannschaft, sondern auch für den Verein. Im Sommer ist sie zur TuS Metzingen gewechselt, die für einige Experten in dieser Saison eine Art Geheimtipp (vielleicht sogar auf den Titel) ist. Doch so weit denkt Loerper noch nicht. „Wir wollen die nächsten zwei, drei Jahre oben mitspielen.“ Wobei in diesem Jahr die zweite Saisonhälfte nicht mehr getrennt in Meister- und Abstiegsrunde ausgetragen wird, sondern komplett als normale Punkterunde. Das soll auch der Nationalmannschaft zugutekommen, indem die mehr Vorbereitungszeit auf die anstehenden Höhepunkte erhält: Olympia 2016 in Rio und die Heim-Weltmeisterschaft 2017.

Mit Loerper? Abwarten. „Ich wollte auf jeden Fall noch mal bei einem Verein spielen, der Ambitionen hat.“ Und die haben die „TusSies“, die neben Loerper in Julia Behnke (Bietigheim) und Marlene Zapf (Leverkusen) zwei weitere Nationalspielerinnen verpflichtet haben, die nun ebenfalls im Schweiz-Aufgebot stehen. Die Verantwortlichen sprechen dabei gerne von einer „Entwicklung, die ich sehen will“, wie der Manager und Macher Ferenc Rott sagt. Er weiß aber auch: „Diese Saison wird nicht einfach. Wir werden jetzt viel ernster genommen.“ Das hat die Mannschaft gleich zum Saisonauftakt zu spüren bekommen – bei der 20:26-Niederlage beim amtierenden Meister Thüringer HC.

Wobei Anna Loerper noch andere Aufgaben im Verein übernommen hat: Die 29-Jährige hat Sportökonomie studiert und arbeitet auf der Geschäftsstelle nebenher auf Minijobbasis. „Eine Win-win-Situation“, sagt die Spielmacherin. Zu tun gibt es schließlich jede Menge, nachdem das Interesse an den TuS-Frauen kontinuierlich gestiegen ist. So sehr, dass der Verein zum Derby gegen Bietigheim am 17. Januar sogar nach Tübingen ausweicht, nicht in eine Eishockey-, sondern Basketballhalle – irgendwie beruhigend für Anna Loerper.