Tamás Herbály, 24, drückt an diesem Mittwoch bei der Fußball-Europameisterschaft den Landsleuten aus Ungarn die Daumen. Der Angreifer der Verbandsliga-Mannschaft des SV Fellbach versucht sich selbst noch am Aufstieg in andere Sphären seiner Sportart.

Rems-Murr: Thomas Rennet (ren)

Fellbach - Viel schneller, davon ist dringend auszugehen, können die Fußballer der ungarischen Auswahl auch nicht über das Spielfeld sprinten. Gewiss wird der eine oder andere, der da an diesem Mittwoch in München gegen die deutsche Mannschaft antritt, nicht mithalten können in einem Laufduell mit Tamás Herbály. Der 24-Jährige ist zwar nur Fernsehfan bei dieser Europameisterschaft und nicht Spieler, sein Tempo auf den Rasenplätzen allerdings genießt mancherorts ein nationalteamreifes Ansehen. Beim SV Fellbach hat er seinen Einstand am 22. August 2020 direkt mit einem unwiderstehlichen Alleingang begangen. Tamás Herbály, gerade erst an der Esslinger Straße eingetroffen und gerade erst eingewechselt zum Verbandsliga-Auftakt, wieselte samt Ball an der Mittellinie los und der halben Mannschaft seines ehemaligen Vereins TSV Crailsheim davon. Er blieb auch im Strafraum auf den Beinen und veredelte das Solo mit dem erfolgreichen Abschluss. „Mit der Schnelligkeit habe ich keine Probleme“, sagt Tamás Herbály und lacht. Angenehme Erinnerungen – die hat er allerdings nicht in jedem Fall beim Rückblick auf die meist beschwerlichen Bemühungen, möglichst schnell vorwärtszukommen in seiner Fußball-Laufbahn.

 

Ein Wechsel zum AFC Sunderland scheiterte kurzfristig

Vor neun Jahren scheiterte aus ungeklärten Gründen ein Wechsel in die Nachwuchsabteilung des AFC Sunderland. Tamás Herbály war für zwei Wochen beim britischen Traditionsverein im Training. Er hinterließ ganz offenbar einen guten Eindruck, der Umzug in den Nordosten Englands stand so gut wie außer Frage. Doch dann überraschte ihn doch noch ein negativer Bescheid aus der Chefetage in Sunderland. Möglicherweise hat ein damaliger Berater zu viel Geld verlangt, Tamás Herbály hat das Motiv der Absage nie erfahren. „Das war schon ein Schlag für mich“, sagt er. Er war zu jener Zeit 15. Mit 16 durfte er seine Qualitäten für den BKV Előre SC in der zweithöchsten Spielklasse in Ungarn einbringen. László Kleinheisler war einer seiner Gegenspieler. Der nun 27-Jährige, vor ein paar Jahren auch schon beim SV Werder Bremen, gehört der ungarischen Auswahl an. Bei der Europameisterschaft ist er einer ihrer Auffälligeren. Er hat sich nach oben gearbeitet als Profi. Sein Talent war eher nicht größer als jenes von Tamás Herbály, der in Ungarn als junger Kerl Drittliga-Stationen aneinanderreihte. Mit 18 war der Angreifer, der so schnell über den Rasen preschen kann, wieder in seinem Heimatklub Csepel FC im Süden Budapests. Es ging nicht voran. Tamás Herbály („Nicht nur die Leistung zählt“) war ernüchtert und verabschiedete sich vor fünfeinhalb Jahren, mit 19, nach Deutschland, wo sein Vater bereits lebte.

Hoffen auf den Aufstieg in andere Sphären seiner Sportart

Der Fußballreisende fand sich Anfang 2016 beim TSV Ilshofen in der Verbandsliga wieder. Dort war Tamás Herbály nicht lange, in der Verbandsliga ist er immer noch. Auch nach dem Neustart ist er eine Größe fernab der Branchengrößen und der professionellen Ligen geblieben. 24 ist er nun und versucht sich nach wie vor am Aufstieg in andere Sphären seiner Sportart. Er will das in Deutschland schaffen. „Ich fühle mich hier wohl“, sagt Tamás Herbály. Er lebt mit seiner Freundin Selina noch in Crailsheim, dort hat er bis zum Frühjahr 2019 zweieinhalb Jahr lang Fußball gespielt. Im Anschluss war er beim TSV Essingen, kurz auch beim 1. CfR Pforzheim. Seit jenem verheißungsvollen August-Tag vor rund zehn Monaten stürmt er für den SV Fellbach. Die vergangene Saison war aufgrund der Coronaseuche allerdings schon im Oktober wieder vorbei. Der Mannschaftssport war über mehr als sieben Monate hinweg außen vor. Erst seit eineinhalb Wochen kommen die Verbandsliga-Akteure des SVF wieder in Kaderstärke zusammen. Tamás Herbály will sich demnächst mit dem Verbund um Leon Braun möglichst optimal präsentieren. Dafür nimmt er allerlei Belastungen auf sich, dafür fährt er seinen muskelbepackten Körper stets von Crailsheim nach Fellbach und abends wieder zurück.

An diesem Mittwoch, 21 Uhr, wird er vor der Rückreise wohl noch mit den Teamgefährten beim SVF das Europameisterschaftsspiel der Ungarn in Deutschland anschauen. Er wird seinen Landsleuten samt László Kleinheisler die Daumen drücken. Davon sprinten sollen sie. So schnell – fast – wie Tamás Herbály.