Vor 100 Jahren ist das Denkmal für die im Ersten Weltkrieg getöteten Soldaten aus Stetten eingeweiht worden. Der Kulturkanal Kernen berichten in einer online abrufbaren Sendung über die damalige Situation.

Kernen - Ein kleiner lokaler Beitrag für eine friedliche Zukunft solle das live per YouTube und Facebook gestreamte Gedenktreffen vor der evangelischen Kirche in Stetten sein, hat Eberhard Kögel am Samstag beim jüngsten Medienauftritt des Kulturkanals Kernen, organisiert zusammen mit dem Verein Allmende und der David-Pfeffer-Geschichtswerkstatt, betont. Es war ein Stelldichein an einem gleich mehrfach ortshistorisch bedeutsamen Fleck: direkt vor dem vor exakt 100 Jahren eingeweihten Stettener Kriegerdenkmal und eben am St. Pierre-Platz, der für die nunmehr seit fast 50 Jahren bestehende Partnerschaft Kernens mit dem französischen Städtchen St. Pierre d´Albigny im Département Savoie in der Region Auvergne-Rhône-Alpes steht.

 

Gedenken an alle Kriegsopfer

Ebbe Kögel sagte: „Wir gedenken nicht nur der Soldaten, die im Ersten Weltkrieg ihr Leben verloren haben, sondern aller Opfer dieses mörderischen Krieges.“ Am Sonntag, 17. April 1921, hatte die Gemeinde Stetten zum Fest zur Einweihung des Kriegerdenkmals für die Gefallenen eingeladen. Das heute – bis auf die einstige Sockelinschrift – erhaltene Denkmal an der Außenwand der Kirche stammt von dem Stuttgarter Bildhauer Emil Kiemlen (1869-1956), von dem noch weitere Denkmale zum selben Anlass in der Region zu sehen sind.

In Stetten sei die Begeisterung für den Krieg zunächst – wie überall in Deutschland – groß gewesen, berichteten beim als Friedensfeier angelegten Jubiläumstreffen Kögel und sein ebenfalls intensiv mit dem Thema befasster Mitstreiter Reinhard Urbanke am Denkmal mit dem demütig vor seinem Pferd knienden, betenden Soldaten. Davon zeugten nicht nur teils bösartige und die Kriegsgegner herabwürdigende Postkarten, wie diejenigen mit kriegstreiberischen Reimen wie „Jeder Schuss ein Russ, jeder Stoß ein Franzos“. Es gab sogar ein extra aufgelegtes „evangelisches Kriegsgebetbüchlein für die württembergischen Truppen“. Auch im lokalen Miteinander sei die Überzeugung groß gewesen, der Krieg werde ein ähnlicher „Spaziergang“, wie gut vier Jahrzehnte zuvor der Feldzug von 1870/71. „No koi Angst“, zitiert da Kögel die Tante einer um ihren ins Feld ziehenden Liebsten bangenden jungen Stettenerin: „Anna 70“, so der zweifelhafte Trost der Älteren, „do sen ao älle wieder komma“.

Es kamen nicht alle zurück. Von den 321 in den schnell zum mörderischen Stellungskrieg gewordenen Feldzug aufgebrochenen Bürgern der damals knapp 2000 Seelen zählenden Gemeinde haben 62 ihr Leben gelassen, weitere waren verletzt worden, teils verkrüppelt. Und die zunächst noch mit martialischen Bildern und begeisterten Parolen versehenen Feldpostkarten fielen bald ernüchternd aus, wie unter anderem erhaltene Exemplare der drei Brüder Möck zeigen.

Nicht Kriegsheld sondern bettelnder Krüppel

Eine spätere böse Ironie des Schicksals vermeintlicher Kriegshelden, so berichtete Kögel aus den Ergebnissen der heimatgeschichtlichen Nachforschungen: Einige der zurückgekehrten Stettener Erste-Weltkrieg-Soldaten waren schwerbehindert, wurden in der damaligen Anstalt betreut und 1940 von den Nationalsozialisten nach Grafeneck gekarrt und dort ermordet. Andere der Krüppel oder sogenannten psychisch komplett ruinierten „Kriegszitterer“ in ganz Deutschland fristeten ihr Dasein als Bettler auf der Straße. Die Gesamtbilanz des sinnlosen Mordens für ehrgeizige Militaristen oder Kriegstreiber aus Wirtschaft und national-chauvinistischem Milieu zwischen 1914 und 1918: mehr als 20 Millionen Tote, darunter Hunderttausenden an Verhungerten in der Zivilbevölkerung.

In eingeblendeten Gastbeiträgen haben bei der Gedenkveranstaltung „100 Jahre Kriegerdenkmal“ auch die kommunalen Freunde aus St. Pierre d´Albigny Beiträge – und ganz persönliche Friedensbotschaften – für die heutigen Freunde beigesteuert. Dort haben im Ersten Weltkrieg 133 Menschen das Leben verloren – das waren damals dort im französischen Partnerstädtchen fast fünf Prozent der Ortsbevölkerung von etwa 2800 Menschen.

„Ein solches Projekt ist ein Beitrag für eine friedliche Zukunft“, hatte schon zu Beginn der Veranstaltung am Kriegerdenkmal Kernens Bürgermeister Benedikt Paulowitsch in seinem Grußwort betont. Gerade in heutiger Zeit sei die Erinnerung an „die dunkelsten Zeiten unserer Geschichte“ extrem wichtig. Auch heute gelte: „Am Anfang stehen Worte, aus denen der Hass spricht.“ Das müsse man sich deshalb gerade in Zeiten der allgegenwärtigen Hassbotschaften zum Beispiel in sogenannten sozialen Medien immer wieder vergegenwärtigen,

Die Sendung „100 Jahre Kriegerdenkmal“ ist auf YouTube und Facebook weiterhin unter dem Stichwort kernen.kennenlernen abrufbar.