Der VfL Osnabrück hat eine „Gemeinwohlklausel“ in die Verträge seiner Mitarbeiter einbauen lassen. Wer nicht umweltbewusst lebt, muss künftig auf Gehalt verzichten. Experten halten das für nicht rechtskonform.

Lohnabzug fürs Autofahren und Fleisch essen? Was wie der wahrgewordene Albtraum für Kritiker einer vermeintlichen „Bevormundung“ durch die Politik klingt, ist beim VfL Osnabrück Realität. Der Fußball-Zweitligist aus Niedersachsen hat eine sogenannte Gemeinwohlklausel in die Arbeitsverträge seiner Mitarbeiter setzen lassen. Dabei soll der ökologische Fußabdruck eines jeden Mitarbeiters erfasst werden. „Die Kompensation erfolgt, indem der entsprechende monetäre Wert direkt vom Gehalt des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin abgezogen wird“, heißt es in der entsprechenden Mitteilung auf der Internetseite des VfL. Als „Schritt Richtung Enkeltauglichkeit“ wird das beworben.

 

Es fließen laut Verein Aspekte wie die Länge des Arbeitswegs, wie dieser zurückgelegt wird und vegetarische und vegane Ernährung mit ein. Ein „monetärer Anreiz zur Verhaltensänderung“ soll somit geschaffen werden. Heißt im Klartext: Nur wer entsprechend umweltbewusst lebt, erhält vollen Lohn. Wer das Auto nutzt oder Fleisch isst, muss mit Abzügen rechnen. Ermittelt wird der ökologische Fußabdruck vom Dienstleister „ForTomorrow“ aus Berlin.

Offenlegung wurde abgelehnt

Der genaue Wortlaut der Gemeinwohlklausel wurde vom VfL Osnabrück bislang nicht offengelegt. Die entsprechenden Presseanfragen beantwortete der Verein negativ und verwies auf vertragliche Vertraulichkeit. Kritiker bemängeln bei dem Passus den Eingriff in die Privatsphäre der Mitarbeiter und mögliche Verstöße gegen geltendes Arbeitsrecht.

Arnd Diringer, Professor für Arbeitsrecht in Ludwigsburg, hat die Gemeinwohlklausel in einer Kolumne für die “Welt am Sonntag“ scharf kritisiert.„Die Rechtsprechung hat aus guten Gründen immer wieder betont, dass das Privatleben der Mitarbeiter für Arbeitgeber grundsätzlich tabu ist“, betonte der Experte darin. Essgewohnheiten oder der Wohnort von Mitarbeitern gehe einen Arbeitgeber nichts an.

Eingriff in Privatleben

„Aus meinem Bauchgefühl heraus, halte ich das für rechtlich absolut unwirksam“, sagt auch Wolf-Dieter Cantz, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Stuttgart. Der Arbeitgeber könne wenn dann nur betriebliches Verhalten regeln und dürfe nicht auf diese Art in das Privatleben seiner Mitarbeiter eingreifen. Eine gewisse Gültigkeit hätten solche Vertragsinhalte bei sogenannten „Tendenzbetrieben“ wie Umweltorganisationen oder den Kirchen, „aber nicht bei einem Sportverein“.

Das Argument des VfL Osnabrück, dass die Gemeinwohlklausel bei Vorstellungs- und Einstellungsgesprächen thematisiert wird, lässt Cantz nicht gelten. „Es spricht ja nichts dagegen, dass die Mitarbeiter das gut finden und es will ja auch keiner Stress mit seinem Arbeitgeber“, aber das Arbeitsrecht sehe solch eine Regelung eben nicht vor, sagt der Arbeitsrecht-Experte.

Verein bezieht Stellung

Der Verein hat inzwischen reagiert. Gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ äußerte VfL-Geschäftsführer Michael Welling, dass die Klausel freiwillig sei. Niemand würde nicht eingestellt, nur weil er diese nicht unterzeichne. Auch werde niemandem etwas „verboten oder vorgeschrieben“. Den Worten des Geschäftsführers nach, sei kein Mitarbeiter, der die Klausel habe, am Ende finanziell schlechter gestellt, als ein Mitarbeiter ohne Klausel.