Die Rettungsdienste in Deutschland sind überlastet. Auch weil mancher Bürger die Notrufnummer 112 wählt, ohne wirklich ein Notfall zu sein. Experten fordern eine bessere Steuerung der Patienten.

Der Rettungsdienst in Deutschland muss nach Auffassung des Deutschen Roten Kreuzes umfassend reformiert werden. „Allein die Zahl der Rettungseinsätze ist zwischen 2001 und 2022 von 8,5 Millionen auf 14 Millionen angestiegen. Und in der alternden Gesellschaft könnten es noch deutlich mehr werden“, sagte DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeld am Donnerstag in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Um Notfallpatienten besser zu steuern und Überlastungen zu verhindern, sei es zentral, die Krankenhausreform, die Reform der Notfallversorgung und die Reform der Rettungsdienste zusammenzudenken. Das sei schon deshalb wichtig, damit auch in ländlichen Regionen die Patienten im Notfall schnell versorgt werden könnten.

 

Hasselfeld forderte unter anderem eine Vernetzung der Leitstellen des Rettungsdienstes unter der Rufnummer 112 und des ärztlichen Bereitschaftsdienstes unter der 116 117. Um die Patientinnen und Patienten schnell in die richtige Behandlungsform lotsen zu können, müssten die bisherigen Leitstellen umfassend zu Gesundheitsleitstellen ausgebaut werden – personell und technisch. Auf der Basis digitaler Ersteinschätzungssysteme könnten dann die Patienten entweder in die Notfallambulanz der Krankenhäuser oder die Notfallpraxis des niedergelassenen Arztes gebracht oder in den eigenen vier Wänden versorgt werden. Krankenhäuser und Rettungsdienste müssten digital miteinander kommunizieren und wichtige Informationen über den Patienten und Behandlungskapazitäten austauschen können.

Kompetenzen der Notfallsanitäter sollen vollständig genutzt werden

Mit Blick auf die Rettungseinsätze forderte die DRK-Präsidentin, dass die Kompetenzen der Notfallsanitäter vollständig genutzt werden müssten. Sie könnten mehr Einsätze auch ohne Notarzt bewältigen. „Es werden derzeit auch Modelle getestet, nach denen per Video zugeschaltete Notärzte, sogenannte Tele-Notärzte, die Rettungskräfte unterstützen“, sagte die frühere Bundesministerin. „Da muss der Notarzt, abhängig vom jeweiligen Notfall, nicht mehr zwingend raus zum Einsatzort.“

Hasselfeldt sprach sich auch für eine stärkere Förderung des Gesundheitsbewusstseins in der Bevölkerung aus – das betreffe etwa Vorbeugung, Gesundheitserziehung in den Schulen oder das Erneuern von Erste-Hilfe-Kursen und Laienreanimation. „Wir brauchen auch, was wir als Vorbeugenden Rettungsdienst bezeichnen“, erläuterte sie: „So könnten beispielsweise Gemeindenotfallsanitäter im Zusammenspiel mit Pflegediensten und dem Einsatz von Telemedizin akuten Notfällen vorbeugend entgegenwirken.“

Das Deutsche Rote Kreuz ist mit rund 37.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und rund 23.000 Ehrenamtlichen der größte Leistungserbringer im Rettungsdienst in Deutschland. Mit über 5.200 Notarzt-Einsatz-Fahrzeugen, Rettungs- und Krankentransportwagen werden durchschnittlich rund 20.000 Einsätze täglich in der Notfallrettung sowie im Krankentransport bewältigt.