Ein dichter Pflanzenteppich hat das Gewässer im Böblinger Wald zugewuchert. „Großer Rohrkolben“ und „große Krebsschere“ heißen die Übeltäter. Jetzt müssen Bagger und Mäher ran, sonst droht der ökologische Verlust des Biotops.

Böblingen - Wer hier ein Gewässer vermutet, muss mit viel Fantasie ausgestattet sein. Ein kleiner Trampelpfad biegt vom Waldweg in der Nähe des Schießplatzes der US-Army ab und führt auf eine kleine Böschung hinauf. Das Ufer des Murkenbachweihers ist erreicht. Von Wasser ist auf dieser rund 100 Meter langen Lichtung nichts zu sehen. Stattdessen ragen gelbe Stängel dicht an dicht in den Himmel und formieren sich zu einem dichten Pflanzenteppich, der keinen Durchblick zulässt.

 

Rohrkolben überwuchern den Weiher

„Großer Rohrkolben“ sagt Oliver Henke. Der Chef der Böblinger Stadtgärtnerei hat interessierte Bürgerinnen anlässlich des Waldbegangs zu einer Außenstelle seines Zuständigkeitsbereiches geführt. Vor einigen Jahren sah es hier noch ganz anders aus. Der Weiher war wirklich ein Weiher, mit einer Wasseroberfläche, die die Fläche im Böblinger Wald als Gewässer erkennen ließ. Mittlerweile sind nur noch wenige Quadratmeter Wasser zu sehen. Der Rest ist überwuchert. Zu zwei Dritteln von dem mächtigen, bis zu zwei Meter hohen Rohrkolben, im übrigen Bereich hat sich ein weiteres Gewächs breitgemacht, das neben sich keine andere Pflanze duldet: die große Krebsschere.

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27 Jahre alt ist der Weiher mittlerweile. Im Jahr 1994 wurde er als Niederschlagsspeicher künstlich angelegt, weil sich dort das Wasser im östlichen Böblinger Stadtwald sammelt. „Wir wollten damit die vorhandene Biotopstruktur verstärken“, erläutert Oliver Henke. Dass zwei Pflanzenarten sich dadurch so wohl fühlen und den See zuwuchern, war jedoch nicht der Plan. „Das ist kritisch für Flora und Fauna“, sagt Oliver Henke. Andere Pflanzen werden verdrängt, der Wasserspiegel nimmt ab und Wasservögel kommen hier nicht mehr vorbei, da sie keinen Platz zum Landen finden. Die Folge: Das Biotop verliert seine Funktion, der See verödet biologisch. Hinzu kommt, dass sich mit Rohrkolben und Krebsschere zwei Arten im Böblinger Wald eingenistet haben, die hier nicht heimisch sind.

Der Weiher muss ausgebaggert werden

Bevor der Murkenbachweiher von den fremden Gewächsen vollkommen eingenommen wird, möchten die Gartenbauer im Böblinger Rathaus handeln. Ende Oktober/Anfang November wird sich ein Spezialboot mit eingebautem Mäher durch das Dickicht kämpfen und den Pflanzenteppich abrasieren. Eine Maßnahme, die nicht ausreichen wird. „Das haben wir bereits im vergangenen Jahr gemacht und nun ist der Weiher bereits wieder zu“, erzählt Oliver Henke.

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Daher holen er und sein Team nun zum Rundumschlag aus: Dem See wird der Stöpsel gezogen, danach geht ein sogenannter „Schreitbagger“ an den Start und rupft die Wurzeln der biologischen Störenfriede aus dem sumpfigen Untergrund. Danach wird der Schlamm ausgebaggert – rechtzeitig, bevor die darin lebenden Amphibien in die Winterstarre verfallen. „Die können sich dann, bevor es richtig kalt wird, ein neues Quartier suchen“, sagt Oliver Henke. Henke hofft, dass der Weiher dann in Zukunft wieder als Gewässer zu erkennen ist. Allerdings nicht für die Ewigkeit. In fünf bis zehn Jahren, schätzt er, wird ein erneuter Rodungseinsatz im Böblinger Waldtümpel fällig sein.