Der Gewerkschaftsbund drängt die Arbeitgeber zu einem gemeinsamen Vorschlag für eine deutlich höhere Lohnuntergrenze in der Mindestlohnkommission – sonst könnte die Politik erneut steuernd eingreifen.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ruft die Arbeitgeber in der Mindestlohnkommission dazu auf, „gemeinsam mit uns im ersten Halbjahr dieses Jahres einen neuen Vorschlag zur Erhöhung des Mindestlohns vorzulegen“. Dieser müsse „den aktuellen Lebensrealitäten der Menschen entsprechen und einen angemessenen Mindestlohn enthalten, wie ihn die europäische Richtlinie vorsieht“. Gemeint ist eine Untergrenze von 14 Euro pro Stunde.

 

Debatten in den Parteien über „politischen Eingriff“

Seit dem 1. Januar 2024 beträgt der Mindestlohn 12,41 Euro pro Stunde, zum 1. Januar 2025 soll er auf 12,82 Euro steigen. Dies hatte die Kommissionsmehrheit im Juni vorigen Jahres gegen die Stimmen der Arbeitnehmerseite beschlossen. Die Gewerkschaften wollten ohne Zweifel an der Kommission festhalten, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell. Wenn aber kein existenzsichernder Mindestlohn dort machbar sei, „braucht sich niemand zu wundern, wenn erneut ein ,politischer Eingriff‘ diskutiert wird“. Diese Debatten fänden in den Parteien bereits statt. Demnach könnte der DGB dann auch auf politischer Ebene versuchen, zum Ziel zu kommen, wenngleich Körzell sagte: „Das reden wir nicht herbei, sondern wir wollen beweisen, dass wir als Sozialpartner in der Kommission stark genug sind, das aus eigener Kraft zu schaffen, damit die Politik sich nicht mehr einmischen muss.“

„EU-Richtlinie muss bis November umgesetzt werden“

Er kenne die Reaktionen der Arbeitgeber, wonach sich die Politik wegen der Tarifautonomie nicht einmischen solle. „Aber wenn wir es nicht hinbekommen, können wir nicht auf einen Sankt-Nimmerleins-Tag vertrauen.“ Die neue europäische Mindestlohnrichtlinie nenne 60 Prozent des mittleren Einkommens von Vollzeitbeschäftigten als Ziel. Derzeit würde es auf etwa 14 Euro hinauslaufen. „Die Richtlinie ist vom Gesetzgeber bis November 2024 in nationales Recht umzusetzen, wie der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages mitteilt“, so Körzell. Zum 1. Oktober 2022 war die Untergrenze von der Regierung auf zwölf Euro angehoben worden.