Der Beamtenbund will künftig mehr mitgestalten. Die neue Führung unter Klaus Dauderstädt bietet der Bundesregierung einen Demografie-Pakt an.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Berlin - Sonntagsreden werden auch an Dienstagen gehalten – das gilt besonders, wenn die Parteien ihre Grußwortredner zum Gewerkschaftstag entsenden. Plötzlich sind sie alle den Staatsdienern wohlgesonnen. Kein Politiker mag es sich mit dem Beamtenbund und den 1,26 Millionen Mitgliedern auf offener Bühne verscherzen – zumal das Wort des DBB bis in die Ministerien hinein Gewicht hat.

 

Was wäre nun, wenn der als Bundesratspräsident eingeladene Winfried Kretschmann nicht seinen Stellvertreter, den niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister (CDU), vorschicken würde? Würde der Grüne in Berlin seine massiven Probleme mit den Beamtenvertretern im Südwesten beklagen? Kaum. So bleibt den 860 Delegierten wegen Kretschmanns Terminkollision in Stuttgart eine weitere Wohlfühlansprache erspart.

„Den Ländern ordentlich einheizen“

Dass Sonntagsreden auch überraschende Pointen enthalten können, beweist der SPD-Geschäftsführer Thomas Oppermann. Der öffentliche Dienst müsse für die Beschäftigten finanziell attraktiv bleiben, fordert er wie seine Vorredner – und rät dem Beamtenbund für die anstehende Tarifrunde, den Ländern „ordentlich einzuheizen“. Immer mehr Finanzminister seien Sozialdemokraten – „die können das ab“, sagt Oppermann. Dies dürfte der neue Verhandlungsführer der Ländergemeinschaft (TdL), Jens Bullerjahn (SPD) aus Sachsen-Anhalt, nicht so locker sehen.

Keine Sonntagsrede, sondern einen für seine Verhältnisse kämpferischen und zukunftsgerichteten Auftritt bietet der neue DBB-Chef Klaus Dauderstädt. Der Bundesregierung schlägt er einen Demografie-Pakt für den öffentlichen Dienst vor. Die bisherige Strategie bleibe an der Oberfläche. Nun will der Vorsitzende einen praktischen Bezug zur Ausbildung, zur Familienfreundlichkeit, zum Gesundheitsmanagement und zu altersgerechten Bedingungen im Betrieb schaffen. „Der DBB bietet an, bei demografiefesten Anpassungen des Beamtenrechts ebenso konstruktiv mitzuwirken wie bei der Formulierung von Demografie-Tarifabschlüssen“, sagt Dauderstädt. Dass dies nicht ohne Zugeständnisse abgeht, steht vorerst nur zwischen den Zeilen. Eine weitere Verlängerung der Lebensarbeitszeitgrenzen soll es aber keinesfalls geben.

Die Regierung hat als Teil ihrer Demografiestrategie bereits eine Arbeitsgruppe zum öffentlichen Dienst eingerichtet. Geleitet wird sie vom Bundesinnenminister, Dauderstädt ist sein Kovorsitzender.

Der Beamtenstatus wird verteidigt

In der von Verdi und der Bildungsgewerkschaft GEW forcierten Debatte über eine Aufweichung des Streikrechts lehnt der DBB-Chef jegliche Veränderung ab. „Beamte dürfen nun einmal nicht streiken. Das bleibt so, denn sonst sind es keine Beamten mehr“, sagt er. Es werde auch keine unterschiedlichen Beamtenkasten geben: die „Unberührbaren“ mit absolutem Streikverbot und die Streikfähigen, die dafür nicht sanktioniert werden dürfen. „Der Beamtenstatus ist unteilbar“, betont er.

Ein Angestellter als Beamtenbundchef – diese ungewohnte Vorstellung hat Dauderstädt ein dürftiges 60-Prozent-Ergebnis beschert. Tags drauf bemerkt er, dass ihm viele Delegierte gesagt hätten: Hätte die Wahl nach seiner ersten Grundsatzrede stattgefunden, wäre das Resultat besser ausgefallen. In der neunköpfigen Bundesleitung sieht Dauderstädt ein fast ausgewogenes Verhältnis von fünf Beamten zu vier Nicht-Beamten. Dies sei ein Signal. Die dezent verjüngte Führung ist gewillt, die Interessen von Beamten und Angestellten künftig gleichermaßen zu vertreten. Dass die Veränderungen manchem gegen den Strich gehen, demonstriert ein Grüppchen aus den vormals mächtigen, nun aber zurechtgestutzten Lehrerverbänden: Nach der Rede Dauderstädts bleibt es trotz der Ovationen um sie herum untätig sitzen.