Wackelnde Schränke, kaputte Gläser: Ein gewaltiger Knall sorgte am späten Dienstagabend in Stuttgart für Verunsicherung. Ein Überschallflugzeug? Wohl eher nicht – die Erklärung ist viel einfacher.

Am späten Dienstagabend, gegen 23.25 Uhr, dröhnte ein gewaltiger Schlag über den Westen Stuttgarts. Schränke sollen gewackelt, sogar Gläser sollen zu Bruch gegangen sein: Das jedenfalls berichten Bewohner der Stadt in den Sozialen Medien. Verbunden mit der Frage: Was war denn das?

 

Ungewöhnlich lauter Knall

Dabei ist die Antwort offenbar recht einfach, denn zu diesem Zeitpunkt tobte ein Gewitter über der Landeshauptstadt. Nur: Der Knall war wohl so laut und ungewöhnlich, dass viele Bewohner das Geräusch nicht mit einer natürlichen Ursache, also dem Gewitter, in Verbindung brachten. Und zersprungene Gläser nur wegen eines Gewitters – kann das überhaupt sein? Dass es bei Blitz und Donner auch in einer Wohnung richtig scheppern kann, ist für Uwe Schickedanz, den Leiter des Stuttgarter Regionalbüros des Deutschen Wetterdienstes, kein Hirngespinst: „Es ist vorstellbar, dass der nahe Einschlag eines Blitzes so etwas in einem sehr begrenzten Raum von deutlich unter 100 Metern Radius auslösen kann.“

Zusammen mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beobachtete der Meteorologe bereits am Dienstagnachmittag „eine hohe Blitzdichte über Frankreich“. Das bedeute auch immer hohe Stromstärken bei den Blitzen. Insgesamt schlug eine Fülle von Blitzen während des Dienstagabends und der Nacht im Südwesten ein. Ein Schwerpunkt ist auf Karten mit Blitzeinschlägen im Raum Rottenburg/Neckar, südlich von Reutlingen und im Großraum Ulm zu erkennen. Ein Naturspektakel – und manchmal eben ein sehr lautes.

Elektrische Spannung entlädt sich schlagartig

Das liegt an der gewaltigen Energie, die sich schlagartig mit den Blitzen entlädt. Weil die Tröpfchen in Regenwolken ständig in Bewegung sind, reiben sie aneinander und laden sich elektrisch auf. Der obere Teil einer Wolke ist elektrisch positiv geladen, der untere negativ. Dies führt zu einer elektrischen Spannung, die sich dann entlädt, wenn sie sehr hoch ist. „In diesem Moment fließt sehr viel elektrischer Strom. Der Blitzkanal, also dessen Weg von der Wolke zur Erde, wird extrem heiß. Diese Hitze lässt den Blitz so weiß leuchten“, erklärt Uwe Schickedanz.

Zwischen Wolken entstehende Blitze nennen Meteorologen auch Wetterleuchten. Sie breiten sich horizontal aus – erleuchten also den Himmel in der Breite. Anders ist es bei Blitzen, die zwischen Wolken und der Erde entstehen. Sie erleuchten den Himmel vertikal, also von oben nach unten. Und diese Blitze sind, so Schickedanz, „die gefährlichen“.

Blitzt es, erhitzt sich die Luft im Umfeld schlagartig bis auf 30 000 Grad. Die Luft um den Blitzkanal dehnt sich wegen der Hitze wie bei einer Explosion plötzlich aus. Dies führt zu zwei Phänomen: dem sichtbaren Blitz und dem hörbaren Donner.

Weil Licht schneller als Schall ist, hört man den Donner später

Während ein Blitz mit Lichtgeschwindigkeit zur Erde rast, also mit 300 000 Kilometern pro Sekunde, breitet sich der Schall des Donners mit 330 Metern pro Sekunde aus. Weil das Licht extrem viel schneller als Schall ist, wird der von den Menschen später wahrgenommen. Dabei gilt: Je weiter vom Beobachter entfernt es blitzt, desto später kommt der Donner beim Betrachter an.

Weltweit die meisten Gewitter gibt es in den Tropen. In Deutschland schlagen die meisten Blitze in Bayern und Baden-Württemberg ein, was auf die Großwetterlagen zurückzuführen ist, die sich durch die Gebirge und sie bedingende Temperaturgefälle aufbauen. Insgesamt, so haben Meteorologen beobachtet, schlagen Blitze häufiger in größeren Städten ein. Ursache dafür ist, dass sich in Ballungsgebieten eine größere Hitze bildet, die zu mehr Energie in der Atmosphäre führt.