Der Teufel, Bill Gates und „Stasi-Beamte“: Gloria von Thurn und Taxis scheint in der schönen Donaustadt immer weiter nach rechts und ins Verschwörungsgläubige abzudriften.

Der Weihnachtsmarkt in Regensburg am Thurn-und-Taxis-Schloss ist gut besucht und macht schwer auf Romantik, sehr viel Glitzer und Gefühligkeit. Kunsthandwerker bieten Körbe, Seifen und Goldschmuck an. Es gibt nicht nur „Regensburger Knackersemmeln“ zum Essen, sondern auch Crêpes und Langosch.

 

An diesem Abend ist „romantische Lichternacht“, Kinder kommen mit Laternen und lassen Luftballone mit darangehefteten Wünschen in den Winterhimmel steigen. Im Pavillon auf dem „Champagnerhügel“ werden Schampus und frische Austern gereicht.

Ist Gloria rassistisch und homophob?

Hinter all dem Rummel und Glamour am Rande der historischen Altstadt steht eine Frau, die zwar nicht Veranstalterin ist, ohne die es aber diesen Markt nicht gäbe: Schlossbesitzerin Gloria von Thurn und Taxis, die sich gemäß Richtlinie eines privaten Adelsvereins auch „Fürstin“ nennt. Gloria – ein Name wie Donner, in ganz Deutschland bekannt. Eine Frau mit bewegter Biografie, 1960 als Tochter des Journalisten Joachim Graf von Schönburg-Glauchau in Stuttgart geboren, zieht jetzt als 63-Jährige immer stärker Kritik auf sich.

Sie befinde sich „am äußersten rechten Rand des politischen Spektrums“, meint etwa das Bündnis Solidarische Stadt Regensburg. Von Gloria wird behauptet, sie sei rassistisch und homophob. Auch habe die erzkonservative Katholikin im Zuge der Coronapandemie mehr und mehr verschwörungsgläubige Positionen eingenommen.

Gloria verpachtet ihre Schlosshöfe und -plätze für den „Romantischen Weihnachtsmarkt“ an den Veranstalter Peter Kittel, eine bekannte Figur in Regensburg. Dieser sitzt im „Großen Blockhaus Thurn und Taxis“ und sagt über Gloria: „Sie ist humorvoll, meinungsstark, diskussionsfreudig.“ Für ihn, der diesen Weihnachtsmarkt vor mehr als 20 Jahren ersonnen hatte, sei sie eine „enge Geschäftspartnerin“. Kittel hat auch schon für Wahlkämpfe für die CSU gemanagt.


Mehr als 250 000 Besucher kommen, und bevor es den ersten Glühwein gibt, zahlen sie erst einmal Eintritt. Vielleicht begegnen sie der Fürstin mal selbst, ab und zu mischt sie sich unters Volk, manchmal singt sie mit Band auch Weihnachtslieder wie „Ihr Kinderlein kommet“ in Hardrock-Versionen.

„Der Schwarze schnackselt gerne“

Doch nicht musikalisch hat Fürstin Gloria schon immer Gehör gefunden. Auch die Sprüche, die sie hin und wieder vom Stapel lässt, wurden vernommen. Die Erklärung von 2001 über die damalige Aids-Ausbreitung in Afrika mit dem Satz „Der Schwarze schnackselt gerne“ mag als verjährt gelten. 2008 sagte sie, „viel beten“ helfe gegen Schwulsein, und bezeichnete die Pille als „eine Form von Abtreibung“. Die gleichgeschlechtliche Ehe nannte sie 2018 einen „Angriff auf die klassische Familie“, gerade herrsche eine Zeitperiode, in der der „Teufel fröhliche Urstände“ zu feiern scheine.

In Regensburg nahm sie 2018 an einer „Demo für alle“ teil, organisiert von der AfD-Politikerin Beatrix von Storch und der konservativ-katholischen Aktivistin Hedwig Freifrau von Beverfoerde. Demonstriert wurde gegen Sexualkundeunterricht an Schulen, das Bündnis will die „Sexualisierung der Kinder stoppen“. Gloria sagte, Sexualkundeunterricht sei „eine Art von Kindesmissbrauch“. Bei der Kundgebung war auch der AfD-Politiker Benjamin Nolte mit von der Partie, 2023 ist dieser in den Bayerischen Landtag eingezogen. Als Burschenschaftler war er in Erscheinung getreten, als er einer Studentenverbindung mit einem Schwarzen als Mitglied eine Banane überreichte.

2022 bezeichnete Gloria auf dem Kanal des wegen persönlicher Verfehlungen rausgeworfenen Ex-„Bild“-Chefredakteurs Julian Reichelt Homosexualität als „tierischen Instinkt“. Über den britischen Prinzen Harry und Herzogin Meghan sagte sie, die beiden betrieben „Rassismus als Geschäftsmodell“.

„Regensburg taucht bundesweit leider nur auf, wenn es um Korruption oder Gloria geht“, klagt Stefan Christoph. Über Jahre hatte eine vielgestaltige Korruptionsaffäre die Lokalpolitik erschüttert. Christoph gehört der Grünen-Stadtratsfraktion an und sagt: „Gloria repräsentiert nicht die Regensburger Stadtgesellschaft.“ Auch Regensburg Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer (SPD) geht fein auf Distanz. Glorias Ansichten seien Privatsache, meint sie. Aber: „Die Stadt Regensburg steht ganz klar für Toleranz und ein respektvolles Miteinander.“

Thurn-und-Taxis-Schloss mit gesperrtem Park

Das Thurn-und-Taxis-Schloss St. Emmeram mit mehr als 500 Räumen ist ein Riesending in der Donaustadt. Der Schlosspark ist gut fünf Hektar groß und zum Ärger mancher Regensburger abgesperrt. Das Haus Thurn und Taxis ist laut „Frankfurter Allgemeinen“ mit knapp 20 000 Hektar der größte private Waldbesitzer Deutschlands. So wird Gloria häufig nicht als Fürstin, sondern als Unternehmerin bezeichnet.

In diesen Tagen ist sie nicht da, sie weilt in Rom in ihrer Wohnung mit Privatkapelle. Das weiß einer, der sich gut mit Gloria auskennt: Prälat Wilhelm Imkamp. Wie ist sie so? „Lieber unerhört als ungehört“, sagt der 72-jährige Geistliche. Gloria habe die Gabe, „komplexe Dinge einfach zu sagen“.

Imkamp lebt im Schloss. Eigentlich ist er in Rente, Gloria hat ihn aus dem bayerisch-schwäbischen Wallfahrtsort Maria Vesperbild geholt, in St. Emmeram leitet er die Hofbibliothek. Er meint, Gloria provoziere „mit ihrem Tante-Emma-Laden-Stil“. Der Prälat trägt einen Talar, seine Räume sind bis an die hohen Decken voll mit alten Büchern, Kunstwerken, Skulpturen und geschätzt deutlich mehr als 100 Tabakpfeifen.

Offenkundig darf er, den manche den „Schlossgeist“ nennen, recht frei über Gloria sprechen. Egal mit wem sie rede, so meint er, die Fürstin sei „immer die Gleiche“. Ist sie rassistisch? Nein, sie habe ja schwarze Freunde? Homophob? Ach was, in ihrer Zeit in New York habe sie viel mit Leuten „mit dieser Neigungsstruktur“ zu tun gehabt. Imland ist humorig, meint aber auch, dass sich Gloria in Interviews „etwas gemäßigter ausdrücken könnte“. Was sie sage, würde „für zeitgenössische Ohren unerhört“ klingen. Populär sei sie „nicht wegen ihrer Ansichten, sondern wegen ihrer Art“.

Gloria mit Heino und Florian Silbereisen. Foto: picture alliance/dpa/Ursula Düren

BMW sagt nein zu Gloria von Thurn und Taxis

Im September war BMW als einer der Hauptsponsoren bei den Regensburger Schlossfestspielen ausgestiegen. Glorias Eskapaden dürften der Grund gewesen sein für den Autobauer, der sich selbst der „Diversität“ verpflichtet. Ein Schlag für den Veranstalter. Zudem veröffentlichten in diesem Jahr mehr als 100 Kulturschaffende einen Aufruf, die Festspiele zu boykottieren.

Im Juli hatte Gloria einen denkwürdigen Auftritt als Gast im Regensburger Presseclub. Dieser zeigte nach Teilnehmerangaben vor allem, wie sehr ihr Denken mittlerweile von Verschwörungsmythen durchdrungen ist. Politiker würden heute, so sagte sie, „runterbeten, was Banken, Industrie und WHO hören wollen“. Alles sei „gekauft“ von irgendwelchen „Superreichen“. Bezahlt werde das von Jeff Bezos, Mark Zuckerberg und Bill Gates. Über US-Präsident Joe Biden meinte sie hingegen: „Der alte Opa kriegt gesagt, was er zu tun hat.“

Stefan Aigner ist Journalist in Regensburg, er betreibt das unabhängige Internet-Nachrichtenportal „Regensburg-digital“ und hat den ganzen Auftritt auf Band. Auf kritische Nachfragen von ihm bezeichnete sie Aigner als „Mann des Staates“, „Staatsbeamter“ und dann „Stasibeamter“. Nicht nur Aigner meint: „Ihre Äußerungen kann man nicht mit Skurrilität abtun.“