Der Bundesligist TVB Stuttgart unterliegt dem Rekordmeister THW Kiel mit 22:27.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Stuttgart - In den Gängen der Stuttgarter Porsche-Arena roch es am Sonntagabend nach Bratwürsten, unten auf dem Feld nach einer Sensation. Zumindest bis fünf Minuten vor Schluss konnte der Außenseiter TVB 1898 Stuttgart die Partie gegen den Rekordmeister THW Kiel in der Handball-Bundesliga offenhalten, es stand nur 20:21. Auch wenn es für de Gäste am Ende noch zu einem standesgemäßen 27:22(13:12)-Sieg reichte, war der TVB-Trainer Markus Baur zufrieden: „Wir haben über weite Strecken einen guten Job gemacht.“

 

Vor allem, wenn man die Vorzeichen mit einbezieht. Zwar hatte auch der THW in Nationalspieler Christian Dissinger einen prominenten Ausfall zu verkraften, doch das war nichts im Vergleich zum Verletzungspech bei den Stuttgartern: bei diesen fehlte der rechte Rückraum komplett: das Kraftpaket Djibril M’Bengue (1, 95 Meter) und der Neuzugang Felix Lobedank (1,96 Meter), dafür meldete sich in der Mitte Michael Kraus und links auch Dominik Weiß (stolze 2,09 Meter groß) zurück, so dass der „Zwergen-Rückraum“ (wie es der Trainer Markus Baur unter der Woche mal scherzhaft ausdrückte) noch an Zentimeter gewann – aber eben nicht das Spiel. Am Ende blieb der Zwergen-Aufstand aus.

Plötzlich führt der Außenseiter

Dabei gingen die Wild Boys durchaus entschlossen in die schwere Aufgabe. „Chancenlos sind wir nicht“, betonte der Sportliche Leiter Günter Schweikardt vor der Partie noch mal. Mit diesem Schuss Selbstbewusstsein ging die Mannschaft dann auch ans Tagwerk. Die meisten der 6211 Zuschauer in der doch noch ausverkauften Porsche-Arena jedenfalls rieben sich verwundert die Augen, plötzlich führte der Außenseiter 5:3 (10.) und dann sogar 10:6 (18.), weil die Deckung des TVB den Kielern immer wieder den Ball abluchste und so zu einfachen Kontertoren (vor allem durch den starken Bobby Schagen und Tobias Schimmelbauer) kam. Spektakel pur in der Porsche-Arena. „Da haben wir den Faden verloren“, gab Kiels Trainer Alfred Gislason zu. Das änderte sich in den letzten zehn Minuten vor der Pause, dem eingewechselten Stuttgarter Spielmacher Michael Kraus war deutlich anzumerken, dass er zuletzt zwei Wochen lang kaum trainieren konnten, „aber er hat sich in den Dienst der Mannschaft gestellt“, sagte sein Teamkollege Michael Schweikardt.

Nach der Pause scheiterte die TVB-Handballer zunehmend am Nationaltorwart Andreas Wolff (15 Paraden), aber auch an den eigenen Nerven. Zweimal vergab die Mannschaft die Riesenchance, das leere Tor zu treffen. „Wenn man gegen Kiel gewinnen will, muss einfach alles passen“, sagte Markus Baur – und nicht nur sehr viel, wie am Sonntag. „Am Ende ist es dann auch egal, ob man mit neun Toren verliert, wie im Vorjahr, oder nur mit fünf“, sagte der Rechtsaußen Bobby Schagen. Der aber auch etwas Positives mitnahm: „Wenn man gegen Kiel gut spielt, kann man gegen alle Mannschaften gut spielen.“

Der TVB ist jetzt gefordert

Und im September folgen noch Gegner auf Augenhöhe, wie es so schön heißt. Zum nächsten Heimspiel zum Beispiel der Bergische HC: „Da wollen wir gewinnen“, sagt Schweikardt. Vielleicht muss man sogar, wenn man sieht, dass Aufsteiger Coburg zum Saisonauftakt beim Top-Team MT Melsungen gleich gewonnen hat. Sein Bruder und Geschäftsführer Jürgen Schweikardt sagt deshalb: „Irgendwann muss man auch mal einen Großen schlagen, wenn man in der Liga bleiben will.“

Einstweilen muss sich der Verein mit einem kleinen Trostpflaster begnügen: Die A-Jugend des TVB gewann am Wochenende das stark besetzte Turnier um den Füchse-Cup in Berlin. TVB Stuttgart: Bitter; Schagen (7/1), Schweikardt (5), Orlowski (4), Schimmelbauer (3), Weiß (2), Fotache (1); Baumgarten, Coric, Kraus, Baumgarten, Kretschmer.