Seine vielen ehrenamtlichen Helfer sind ein Grund, weshalb der HBW Balingen-Weilstetten in der ersten Liga überleben kann.

Balingen - Wenn am Sonntag (17.30 Uhr) in der Balinger Sparkassenarena das württembergische Duell in der Handball-Bundesliga zwischen dem HBW Balingen-Weilstetten und Frisch Auf Göppingen angepfiffen wird, dann lehnt sich Jörn König erst einmal zurück. Während auf dem Spielfeld die Arbeit beginnt, hat er Pause – nach dem Schlusspfiff spuckt er dann wieder in die Hände.

 

Gemeinsam mit Frieder Wahl und Achim Scheck bildet König den harten Kern der Auf- und Abbautruppe, die die Halle spieltauglich macht. In den 80er Jahren agierte das Trio mit dem späteren HBW-Mitgründer TV Weilstetten in der Regionalliga, damals die zweithöchste Klasse in Deutschland. Drei Stunden sind der Banker, der Unternehmer und der Arzt an jedem Heimspieltag locker beschäftigt. Warum sie die Zeit opfern? „Wir sind alle handballverrückt“, sagt König. Und sie machen es für das Projekt HBW.

Armada an ehrenamtlichen Helfern spart dem Club Geld

Die drei sind Teil einer ganzen Armada an ehrenamtlichen Helfern bei dem Bundesligaclub, die im Hintergrund wertvolle Arbeit leistet. Und dieses „wertvoll“ ist durchaus wörtlich zu nehmen. „Das sind pro Spieltag 8000 bis 10 000 Euro“, sagt Bernd Karrer, der Manager des HBW Balingen-Weilstetten. Der Verein weiß, was er an seinen Helfern hat, von denen mehr als 100 rund um einen Spieltag im Einsatz sind. „Ohne diese Hilfe hätten wir einen Spieler weniger. So einfach ist das“, sagt Karrer, der im Übrigen seinen Job für den HBW ebenfalls ehrenamtlich ausübt.

Ludwig Rebmann, Torhüter in den besten Weilstetter Zeiten, sorgt als Chef des 20-köpfigen Cateringteams dafür, dass das Bier kalt und der Fleischkäse warm über den Tresen wandert. Die Technik, die Ordner, die Kasse, die medizinische Versorgung, Auf- und Abbau, der Hallensprecher Michael Händel – „wir sind alle ein kleiner Baustein, ein kleines Zahnrädchen und damit auch Teil des Erfolgs“, sagt Jörn König.

Dieses Bewusstsein erzeugt eine integrative Wirkung, die sich die Handballer der beiden HBW-Gründervereine noch vor 20 Jahren nicht träumen ließen. Der TV aus Weilstetten, dem 1975 eingemeindeten Balinger Ortsteil mit seinen 3700 Einwohnern, einer Handballhochburg ohne Fußballclub, war der TSG Balingen sportlich immer um mindestens eine Nasenlänge voraus. Eine Verbrüderung mit dem Verein aus der Kreisstadt (35 000 Einwohner) war undenkbar. Inzwischen lächeln auch die Veteranen von einst über die Vorbehalte.

Der Trainer fährt im Jahr mehr als 50 000 Kilometer

Der erste Schritt wurde im Jahr 2001 getan, mit der Gründung einer Jugendspielgemeinschaft. Nachwuchssorgen waren es, die die konkurrierenden Nachbarn aus Weilstetten und Balingen näherbrachten. „Das war schon ein sensationeller Schritt, der kritisch beäugt wurde“, erinnert sich Jörn König, einer der Mitinitiatoren des Zusammenschlusses. „Und es war ein Zeichen. Wir haben gezeigt, wie es funktionieren kann.“ 2002 folgte der zweite Schritt – notgedrungen. Dem TV Weilstetten fehlte das Geld, der TSG Balingen die sportliche Perspektive. Der Rest ist bekannt, seit sechs Jahren behauptet sich der HBW Balingen-Weilstetten in der Bundesliga.

„Hier hat man die Bodenhaftung nicht verloren, der Erfolg wird nicht als selbstverständlich erachtet“, sagt der Trainer Rolf Brack, der seit 2004 beim HBW ist und seither nahezu täglich zwischen seinem Arbeitsplatz an der Universität in Stuttgart und Balingen pendelt. Da kommen locker 50 000 Kilometer im Jahr zusammen – eine Investition der besonderen Art. So wie die der Hundertschaft im Hintergrund.

Brack hat in den vergangenen Jahren neben der gegenseitigen Wertschätzung von Haupt- und Ehrenamt auch die Verzahnung des HBW mit seinem Umfeld wachsen sehen. „Der Verein ist ein Musterbeispiel für regionale Identifikation nach dem Motto: aus der Region für die Region“, sagt der Sportwissenschaftler, der immer auch Spieler aus dem eigenen Verein und aus der Umgebung in das Bundesligateam einbaut – so wie Felix König, den Sohn von Jörn König. „Das ist für die Identifikation mit dem Verein enorm wichtig“, sagt der Arzt, der auch nach dem Spiel gegen Frisch Auf Göppingen das machen wird, was er seit zehn Jahren nach jedem Heimspiel tut: mit seinen Mitstreitern die Werbebanden abbauen und den Müll wegräumen.