Alt werden ist nicht immer angenehm, aber die Alternative ist noch mieser. In Paolo Sorrentinos Spielfilm „Ewige Jugend“ spielen Michael Caine und Harvey Keitel zwei angegraute Künstler im Sanatorium. Beide plagt dieselbe Frage: was soll jetzt noch kommen?

Stuttgart - Schon wieder ein Film über alte Männer: Da ließ er in „La Grande Bellazza“ gerade erst einen alternden Gigolo durch die High Society Roms tanzen, jetzt schickt der italienische Regisseur Paolo Sorrentino in seinem neuen Werk zwei ähnlich schrullige Zeitgenossen zur Kur in die Schweizer Alpen.

 

In einem Sanatorium verbringen in „Ewige Jugend“ zwei große Geister in Rente ihre Ferien: Der eine, Fred Ballinger (Michael Caine), ist ein Ausnahme-Komponist, der gern in Vergessenheit geraten würde und, statt noch einmal eine Konzerthalle zu betreten, lieber auf der Alm sitzt und eine Herde Kühe dirigiert. Der andere, Mick Boyle (Harvey Keitel), ist ein ehemals erfolgreicher Regisseur, der noch immer wie besessen an einem Film arbeitet, der bezeichnenderweise „Der letzte Tag meines Lebens“ heißen soll.

Hadern und Freunde bleiben

So unterschiedlich diese beiden brillanten Köpfe in ihrer Alterssturheit auch sein mögen, so tief ist gleichzeitig ihre Verbundenheit. Zwischen Rumsitzen und Rumreden erzählt „Ewige Jugend“ nicht nur vom Hadern zweier alter Männer mit der Vergänglichkeit, sondern auch von einer fast selbstverständlichen Freundschaft.

Man trifft sich, man erzählt sich von den guten Dingen des Lebens, man verbringt ein paar Wochen gemeinsam in diesem elitären Schweizer Wellness-Tempel. Und dann – was dann? Die Antwort auf die Frage, was denn im Leben noch kommen soll, wenn man mit siebzig Jahren nur noch falsch herum durchs Fernglas schauen und sein Lebenswerk begutachten kann, bleibt letztlich offen. Sorrentinos Antworten sind oft sarkastisch, oft surreal – aber nie eindeutig.

Stattdessen funktioniert „Ewige Jugend“ als versteckte Entzauberung: Die Kamera fängt Bilder ein, die in ihrer stillen Skurrilität allesamt so schön sind, dass man sie sich gern an die Wand hängen würde. Doch hinter diesen scheinbar zufälligen Momentaufnahmen schimmert die Komposition durch. Das Künstliche wirkt hier – anders als noch bei „La Grande Bellazza“ – tatsächlich künstlich.

Schein und Trug

Gerade dadurch entlarvt Sorrentino die versteckte Welt der Eitelkeiten und Angstvorstellungen: Er erzählt von zwei Männern, die aus Bildern und Akkorden jahrelang perfekt arrangierte Kompositionen gemacht haben, hinter denen alles andere nur noch Schein und Trug sein kann. Die Spiegelung dieses nahezu perfekten Arrangements wird gleichzeitig zum größten Widerspruch des Films, denn alles wirkt verlangsamt, fast bewegungs- und zeitlos – obwohl die Zeit hier doch die eigentliche Hauptrolle spielt.

Ewige Jugend. Schweiz, Italien 2015. Regie: Paolo Sorrentino. Mit Michael Caine, Harvey Keitel, Rachel Weisz. 119 Minuten. Ab 6 Jahren.