Der Stadtentwicklungsprozess in der Schleglerstadt droht zu stagnieren. Vor knapp einem Jahr beteiligte sich fast ein Viertel der Abstimmungsberechtigten an einem eigens angefertigten Fragebogen. Doch „kommunale Werkstätten“ gibt es nur zwei.

Ludwigsburg: Marius Venturini (mv)

Heimsheim - Eigentlich haben die Vorzeichen gar nicht schlecht ausgesehen. Bei der Umfrage zur Stadtentwicklung beteiligten sich im November des vergangenen Jahres insgesamt 1024 Heimsheimer Bürger, fast ein Viertel der Abstimmungsberechtigten. Doch dann kam langsam aber sicher die Ernüchterung: Bei der Präsentation der Ergebnisse im vergangenen März verloren sich gerade einmal 100 Menschen in der Stadthalle. Doppelt so viele waren erwartet worden. Und als es schließlich daran ging, die ersten „kommunalen Werkstätten“ zu schaffen, um Schwerpunkte zu diskutieren und zu bearbeiten – „da war die Beteiligung dann zwischen null und nullkommaeins“, sagt der Bürgermeister Uwe Rupp.

 

Recht guter Dinge sei der Rathauschef gewesen. Doch bei der Suche nach einer Erklärung, warum das Projekt nun abzuflauen droht, tut sich Rupp schwer. „Ich habe das bereits in Wurmberg und Schömberg beobachtet“, so der Bürgermeister, „wenn es um konkrete Projekte geht, nimmt das Engagement ab.“ So sei bei ihm auch keine Euphorie ausgebrochen, als er von der guten Beteiligung am Votum erfahren habe.

Ein Stadtentwicklungsprozess schließe auch die Bürgerschaft mit ein, nicht nur das Rathaus. Dort liefen die Fäden beim damaligen Hauptamtsleiter Daniel Kienle zusammen. Der verließ allerdings Ende Juni die Stadtverwaltung in Richtung Filderstadt. Dort wurde er persönlicher Referent der Oberbürgermeisterin Gabriele Dönig-Poppensieker. „Sicher, wenn er noch da gewesen wäre, hätte man auch im Nachhinein den ein oder anderen Termin machen können, um die Bürger in den vier Monaten besser mitzunehmen“, gesteht Rupp, „diese Arbeitskraft fehlt nun in der Tat.“ Ob die Beteiligung dann höher gewesen wäre, bezweifelt der Schultes.

Muss sich die Stadtverwaltung den Vorwurf gefallen lassen, nach der Präsentationsveranstaltung die Bürger nicht genügend informiert und an der Hand genommen zu haben? Rupp widerspricht: „Ich gehe ja laufend raus und schneide das Thema bei jeder Gelegenheit an.“ Auch der SPD-Fraktionschef im Gemeinderat, Rolf Vetter, war laut eigener Aussage von Beginn an skeptisch. „Bei Einzelthemen, die sich herauskristallisieren, ist das Bürgerengagement generell hoch“, sagt er. Doch wenn die Leute diese Themen selbst erarbeiten müssten, werde es schwierig.

Zustande gekommen sind bisher zwei der „kommunalen Werkstätten“: eine für den Bau des Beachvolleyballfeldes, die andere befasst sich mit der Aufenthaltsqualität am Heimsheimer See. Für die Busverbindung, die bei den Fragebogen-Ergebnissen ganz und gar nicht gut wegkam, fand keine Gruppe zusammen. „Im Prinzip hat mich das schon überrascht“, so Rupp.

Die Stadträtin Gaby Wulff (Bürger für Heimsheim) sieht die Sache etwas differenzierter – und ähnlich wie der SPD-Vertreter Vetter. „Das Interesse der Bürger ist da“, sagt sie, „sonst wäre der Fragebogen ja nicht so gut angekommen.“ Es sei aber nun mal kein Wunschzettel, den man nach und nach abarbeitet. Wulff ist Mitglied in der Steuerungsgruppe, die die Werkstätten koordiniert. Mit dabei sind weitere Gemeinderäte, aber auch engagierte Bürger.

Das Problem liegt laut Wulff darin, dass die Einwohner nicht erkennen, wie sie sich einbringen können. „Um die Geschichte fortzuspinnen, müssen sich die Bürger melden“, sagt sie. Sie denke aber nicht, dass man die Bürgerbefragung nun unter den Tisch fallen lassen sollte. „Die Initiative muss von der Stadt ausgehen“, sagt die Rätin. Inzwischen habe man gemeinsam mit der Sozialwissenschaftlerin Annette Kurth, die das Projekt begleitet hatte, eine Art Mittelweg gefunden. So gibt es nun regelmäßige Stadtrundgänge – „um zu schauen, wo man etwas machen kann“.

So könnten auch Impulse entstehen, die etwa das für viele Bürger leidige Heimsheimer Thema der Stadtmitte betreffen, oder ganz aktuell das geplante Servicewohnen-Projekt in den Zinselwiesen. „Viele würden sich speziell bei diesen Punkten engagieren“, weiß Wulff, „aber eine Gruppe leiten, das möchten die wenigsten.“ Doch die Gemeinderätin ist sicher: „Gescheitert ist der Stadtentwicklungsprozess nicht.“ Das meint auch Uwe Rupp. Der Bürgermeister denkt sogar darüber nach, die Befragung in zwei bis drei Jahren zu aktualisieren – sollte er wieder gewählt werden.