Der Spielmanns- und Fanfarenzug hat schon in Shanghai gespielt, beim Oktoberfest und nun auch im Vatikan. Die Kapelle war überraschend eingeladen worden, bei einer Parade zu spielen.

-
Hemmingen – - Der Hemminger Spielmanns- und Fanfarenzug ist in seiner mehr als 60-jährigen Geschichte schon weit herumgekommen. Im Vatikan aber war der Musikzug noch nie – bis jetzt. Vor Kurzem haben die Musiker in der „Ewigen Stadt“ gespielt. Der Anlass war die Benedikt-Parade, bei der Blasorchester und Musikzüge von den Straßen Roms auf den Petersplatz gezogen sind. Auch beim Gottesdienst im Petersdom hat der Musikzug gespielt. Der Vorsitzende Wilfried Gentner erklärt, wie es zu der ungewöhnlichen Reise kam.
Im Petersdom sind wohl die wenigsten Musiker schon aufgetreten – und dann auch noch auf Einladung des Vatikans. Wie kam es denn dazu?
Ich hatte ein Schreiben im Briefkasten, mit dickem Papier und einem Siegel. Das habe ich gar nicht so richtig ernst genommen, ich dachte, das ist Werbung und wollte es schon in die grüne Tonne tun. Dann habe ich es doch noch aufgemacht – zum Glück. Es war nämlich die offizielle Einladung, bei der Fronleichnamsprozession zu spielen.
Sie waren also überrascht. Hatten Sie denn zuvor Kontakte in den Vatikan?
Nein, Kontakte gab es keine. Offenbar war jemand bei einem unserer Konzerte gewesen, vielleicht bei dem Auftritt mit unseren chinesischen Gästen in der Liederhalle in Stuttgart – wir wissen es nicht. Aber wir haben uns natürlich sehr gefreut.
Sie haben dann bei einem Gottesdienst im Petersdom gespielt.
Ja, wir haben als einzige Kapelle den Einzug gespielt. Die Stücke – einige Choräle – waren vorgegeben. Dafür mussten wir uns noch Noten vom Münchinger Musikverein ausleihen. Wir wussten nämlich erst kurz vorher, was wir spielen sollten, und hatten die Noten nicht. Wir haben dann eine Telefonaktion gestartet, der Musikverein hatte dann genau das vorgegebene Heft.
Was stand neben dem Auftritt im Gottesdienst noch auf dem Programm?
Nach dem Gottesdienst haben wir auf dem Petersplatz gespielt. Am Samstagabend war dann die eigentliche Parade, von der Engelsburg ging es durch die Straßen Roms zum Petersplatz. Da waren dann noch ein paar andere Kapellen aus Bayern, Südtirol und den Niederlanden dabei.
Ihr Publikum bestand aus einigen tausend Gläubigen und Touristen. War das Ihr größter Auftritt bis jetzt?
Wir waren letztes Jahr in München auf dem Oktoberfest, da standen entlang der Straßen Millionen Menschen. Und in Shanghai haben wir auf einem Platz gespielt, wo auch 200 000 Menschen dagewesen sein sollen. Der Auftritt im Vatikan war natürlich auch groß. Es waren viele Pilger dort, und Fronleichnam ist einer der Hochfeiertage der katholischen Kirche.
Zum Abschluss der Prozession haben Sie gemeinsam mit den anderen Kapellen die Europahymne – Beethovens Ode an die Freude – gespielt. Auf der Rückfahrt standen Sie am Brenner stundenlang im Stau. Ist das nicht ein wenig ironisch?
Das war ein massiver Stau, der aber mit den Grenzkontrollen gar nichts zu tun hatte. Auch wenn es traurig genug ist, dass es die wieder gibt. An der Mautstelle hatte sich ein Engpass gebildet, und davor hat sich alles gestaut.
Was hat Sie denn auf der Reise am meisten beeindruckt?
Ich war ja schon ein paar Mal in Rom, aber meist rein geschäftlich. Überall ist die Geschichte greifbar, jeder Stein hat eine Geschichte. Und natürlich der Dom – da läuft man in das Bauwerk rein, in das Zentrum des christlichen Glaubens. Da hat uns allen der Atem gestockt. Einige hatten sogar Tränen in den Augen.
Der Spielmanns- und Fanfarenzug kommt international viel rum – Sie sind, wie erwähnt, auch in Shanghai gewesen.
Wir bekommen viele Einladungen von überall her. Es liegt vielleicht neben der Musik auch an unserer Optik. Ob man die nun mag oder nicht, sie passt zu Schlössern. Wir spielen auch in Ludwigsburg bei den Schlossfestspielen und waren schon in Versailles. Wir wollen diese Tradition kultivieren. Wir haben auch eine Einladung nach Sankt Petersburg. Die nehmen wir aber wohl nicht an, das Konzert kollidiert mit anderen Terminen. Man darf die Mannschaft auch nicht überstrapazieren.