Ein Jahr nach dem russischen Angriff, ist die Ukraine weiter auf humanitäre Hilfe angewiesen. Auch wenn die Betroffenheit hierzulande groß ist, wird es für Helfer wie die „ukrainischen Engel“ aus Esslingen schwieriger, Spenden zu bekommen.

Endlose Menschenschlangen, tausende Mütter, die stundenlang an der völlig überlasteten Grenze zu Polen warten, um sich und ihre Kinder in Sicherheit zu bringen. Großeltern, die vor Erschöpfung nicht mehr stehen können. Diese Bilder gehen Grzegorz Zujko bis heute nicht aus dem Kopf. „Sie sind für mich die Motivation, um weiterzumachen und zu helfen“, sagt er. Zujko und seine Mitstreiter verteilten damals Essen und Decken an die Wartenden, munterten die Kinder mit Süßigkeiten auf. Später organisierten sie noch Rollstühle und Kinderwagen.

 

„Ich habe miterlebt, wie eine einzige Person Hunderten helfen kann“, beschreibt der 39-Jährige seinen Antrieb. Inzwischen waren er und sein Team zwölf Mal in der Ukraine und haben tonnenweise Hilfsgüter abgeliefert. Anlaufstellen sind Lemberg oder Riwne, Partnerkommune der polnischen Stadt Piotrkow Trybunalski, mit der Esslingen seit 30 Jahren eine Partnerschaft pflegt.

Hatte er anfangs fast jede Woche einen Lkw mit Sachspenden vollbekommen, dauert es jetzt deutlich länger. Er und seine eigens gegründete Aktion „Ukrainische Engel“ und der Verein „Leben Helfen Leben“, der sie trägt, lassen in ihrem Engagement aber nicht nach. Bei der Familie Zujko im Waldackerweg 16 in Esslingen steht immer ein Anhänger, in dem man rund um die Uhr Spenden abstellen kann. Neu ist auch die Idee mit den „Solidaritätspaketen“, die ähnlich funktioniert wie die weltweite Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“.

Er hat Verständnis dafür, dass die Spendenbereitschaft nachgelassen hat. „Hierzulande leiden die Menschen unter der Inflation und viele haben eigene Probleme“, sagt der Familienvater. Die Ukraine dürfe aber nicht vergessen werden. „Die Solidarität in Form von konkreten Hilfen und Maßnahmen zu bekunden, ist eine Gemeinschaftsaufgabe für uns alle“, appelliert auch der Esslinger Oberbürgermeister Matthias Klopfer, „bleiben wir weiter dabei und lassen nicht nach“. Die Stadtverwaltung hat in dem Jahr seit Kriegsausbruch zahlreiche Hilfsaktionen unterstützt, unter anderem wurde auch ein Ukraine-Fonds eingerichtet.

Stromausfälle machen der Ukraine zu schaffen

„In der Ukraine fehlt es an allem“, sagt Zujko. Nach wie vor werden dringend warme Sachen wie Winterkleidung oder Schlafsäcke benötigt. Auch Verbandsmaterial und Hygieneartikel sind Mangelware. Ein großes Problem sei zudem die Stromversorgung. Ungebrochen sei aber der Kampfeswille der Ukrainer. „Die Menschen dort sind zu tausend Prozent davon überzeugt, dass sie Russland besiegen werden“, erzählt er.

Möbel der Esslinger Katharinenschule gehen in die Ukraine

Um den Kindern ein Stück Normalität zurückzugeben, finde der Schulunterricht mancherorts nicht mehr nur online, sondern in Präsenz statt. Die Klassenzimmer würden dafür in Luftschutzkeller verlegt. Es mangele aber an Sitzgelegenheiten. Grzegorz Zujko wird deshalb Schulmöbel, die in der Esslinger Katharinenschule nach dem Umzug nicht mehr benötigt werden, an Schulen in der Region Riwne spenden. Dort müssten die Kinder derzeit teilweise auf Brettern sitzen.

Es werden Helferinnen und Helfer gesucht für das Verladen der Schulmöbel am 3. und 4. März in Esslingen. Mehr Informationen unter www.lebenhelfenleben.com

Zahlreiche Veranstaltungen im Kreis zum Jahrestag

Esslingen
: Am Jahrestag, Freitag, 24. Februar, findet ab 17.30 Uhr in der Stadtkirche St. Dionys die Gedenkveranstaltung „Ein Jahr russischer Angriffskrieg auf die Ukraine – Gedanken und Gebet“ statt. Es sprechen Dekan Weißenborn, Oberbürgermeister Matthias Klopfer und die Ukrainerin Kateryna Kurlap. Musikalische Beiträge steuern der ukrainischen Saxophonist Lev Sorokin und der russische Chor Esslingen bei. Im Anschluss findet auf dem Marktplatz eine Gedenkminute statt. Zu einer Solidaritäts-Matinée laden die Grünen am Samstag, 25. Februar, ab 11 Uhr ins Kommunale Kino, Maille 4-9, ein. Zu sehen ist der Kurzfilm „Oh Sister!“. Es spricht der Bundestagsabgeordnete Sebastian Schäfer und Bürgermeister Yalcin Bayraktar. Anmeldung unter info@gruene-esslingen.de. Eine Antikriegskundgebung findet am Freitag, 24. Februar, um 16.30 Uhr vor der Nikolauskapelle, Innere Brücke, statt. Die Initiatoren fordern ein Ende der Waffenlieferungen.

Leinfelden-Echterdingen
Die demokratischen Parteien und Wählervereinigungen in Leinfelden-Echterdingen rufen am Samstag, 25. Februar, um 11 Uhr auf dem Neuen Markt in Leinfelden zu einer Protestkundgebung auf. Alena Trenina, die über viele Jahre die Partnerschaft mit der Ukrainischen Partnerstadt Poltawa betreut hat, wird über die aktuelle Lage dort informieren.

Filderstadt
Am Freitag, 24. Februar, findet um 17.30 Uhr vor dem Kultur- und Kongresszentrum Filharmonie, Tübinger Straße 40, in Bernhausen eine städtische Solidaritätsveranstaltung statt.