Der Turm der Stephanuskirche in Bad Cannstatt ist mehr als ein Ort, an dem die Kirchenglocken aufgehängt sind. Seit knapp zwei Jahren dient die 40 Meter hohe, schlanke Säule außerdem als Heim für Vögel.

Bad Cannstatt - Freistehend, 40 Meter hoch, gefaltete Wände: der Kirchturm der Stephanuskirche hat eine charakteristische Form. Für den Pfarrer Markus Granzow-Emden hat der 1960 erbaute Kirchturm verschiedene Bedeutungsebenen. Die erste ist ganz pragmatisch: „Es sind die Glocken oben drauf“, sagt er. Hoch oben trägt der Schall freilich viel weiter und ruft die Gläubigen zum Gottesdienst. Zudem diene er als weithin sichtbare Markierung. Man könne ihn zum Beispiel vom Römerkastell aus sehr gut sehen, sagt Granzow-Emden. Die dritte Ebene ist eine theologische. „Der Kirchturm ist wie ein Fingerzeig oder ein Wegweiser nach oben“, erklärt er. Dabei meine er nicht einen drohenden Zeigefinger, ganz im Gegenteil. „Es ist eine freundliche Erinnerung, es gibt dort etwas über dir“, sagt er.

 

Nabu würdigt mit Auszeichnung „Lebensraum Kirchturm“

Davon abgesehen hat der schlanke Turm jedoch noch eine ganz andere Funktion. Er ist ein Nistplatz für Mauersegler. Im Frühjahr 2014 hat die Stephanusgemeinde dafür die Auszeichnung „Lebensraum Kirchturm“ des Naturschutzbunds (Nabu) bekommen. „Im ersten Jahr haben wohl noch keine Mauersegler dort genistet, doch voriges Jahr waren welche da, das hat Jörg Faber bestätigt“, erzählt Granzow-Emden. Faber ist Nabu-Mitglied und hat sich dafür eingesetzt, dass der Turm zum Heim für Mauersegler werden konnte, nachdem der Dekan Eckart Schultz-Berg das Ansinnen ins Rollen gebracht hatte. Dass es Mauersegler geworden sind, hat einen praktischen Grund: Die Schallschlitze des Turms sind relativ schmal; größere Vögel wie Falken oder Schleiereulen hätten gar nicht durchgepasst.

Entworfen haben den Turm und die Kirche die Architekten Heinz Rall und Hans Röper. „Als man die Kirche und den Turm damals gebaut hat, hat man sicher nicht im Blick gehabt, dass die Vögel einmal ökologische Nischen im Stadtraum dringend gebrauchen könnten“, sagt der Pfarrer. Umso besser sei es daher, dass nun auch die Mauersegler von ihm profitierten.