Bei der TV-Show „Hochzeit auf den ersten Blick“ heiraten Kandidaten, die sich erst vor dem Traualtar kennengelernt haben. Eine 54-Jährige aus dem Remstal erklärt die Gründe für ihre Teilnahme.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Man lernt sich kennen, verabredet sich, wenn es gut läuft, wird mehr daraus, und wenn beide diesem Lebensmodell etwas abgewinnen können, steht man irgendwann vor dem Traualtar. So läuft der Weg bis zur Ehe im mitteleuropäischen Kulturkreis normalerweise – wenn man(n) oder frau nicht gerade bei der Fernsehshow „Hochzeit auf den ersten Blick“ mitmacht. Bei dem Format, das auf Sat 1 gezeigt wird, lernen sich die Paare erst bei ihrer Hochzeit kennen und schließen dann rechtsgültig eine Ehe. Nach sechs Wochen stellt sich für die Paare die Frage, ob sie zusammenbleiben wollen oder sich scheiden lassen.

 

Die 54 Jahre alte Michaela ist derzeit als Braut bei der Show dabei und hat uns verraten, weshalb sie sich darauf einlässt. Obwohl sie in der Sendung deutschlandweit auf den Bildschirmen zu sehen ist, ist Michaela vorsichtig, wenn es um ihre Identität geht: Ihren Familiennamen mag sie nicht in der Zeitung lesen – er taucht auch in der Sendung nicht auf. Und bei ihrem Wohnort verrät die Angestellte im öffentlichen Dienst nur, dass sie im Remstal lebt. Warum sie bei dem Format mitmacht? „Das ist einfach ein super Konzept“, findet sie. Die Sendung sei kein Trash-TV: „Alle Teilnehmer durchlaufen ein langes Bewerbungsverfahren mit Fragebögen und persönlichen Treffen mit den Experten. Dabei wird geguckt, mit wem man von der wissenschaftlichen Basis her zusammenpasst.“

In der aktuellen Staffel sind es eine Psychoanalytikerin, ein Diplom-Psychologe und eine Paar- und Sexualtherapeutin, die die Kandidaten auf Herz und Nieren überprüfen. Die blindheiratswilligen Teilnehmer und Teilnehmerinnen mussten bei dem Bewerbungsverfahren viel von sich preisgeben. „Aber das ist ja auch sehr wichtig. Nur so ermöglicht man den Experten ja, ein passendes Match für einen zu finden.“ Sie selbst glaube tatsächlich daran, auf diesem Wege die große Liebe finden zu können: „Wenn ich nicht daran glauben würde, dass aus Wissenschaft Liebe werden kann, würde ich ja nicht daran teilnehmen.“

Eine Gruppe von Experten soll passende Partner finden

Nun gibt es auf dem Markt Partnervermittlungen, die nach passenden Partnern suchen, oder Apps wie Tinder, wo sich Datingwillige durch potenzielle Kandidaten swipen können. „Ich habe so etwas auch schon ausprobiert. Aber ich finde es sehr schwierig, da jemanden zu finden.“ Der Grund, sagt Michaela selbst, sei ihre eigene Oberflächlichkeit: „Zumindest, was die Optik der Männer angeht. Ich scanne einen Mann in Sekunden, ob er mir gefällt oder nicht.“ Bei der Sendung – Michaela nennt sie oft „das Experiment“ – gehe man aber genau andersherum vor: Wichtig seien gemeinsame Vorstellungen, Interessen und Werte der Kandidaten.

Aus der Sicht des Expertenteams passt für Michaela der Rheinländer Karsten, 51 Jahre alt, er verreist und feiert gerne. Blonde Haare wünscht er sich auch, zumindest damit liegt er bei Michaela schon einmal richtig. Sportlichkeit ist dem Triathleten ebenso wichtig – gut möglich, dass er da auch bei der 54 Jahre alten Michaela auf den richtigen Nerv trifft. Die hatte sich nämlich gewünscht, ihr zukünftiger Ehemann solle sportlich aktiv sein – „außerdem lebensfroh, und er sollte auf jeden Fall ehrlich sein“.

Blindhochzeit: Vor laufenden Kameras heiraten die Kandidaten rechtsgültig

Michaela bereitet sich auf ihre Hochzeit vor. Foto: Sat 1/Assmann

In den bisher ausgestrahlten Folgen war schon zu sehen, wie die beiden ihre Junggesellenabschiede feiern – sie in einer Karaokebar, er in einem Wirtshaus. Schließlich bereiten sich die beiden auf ihre Hochzeit vor – Karsten in einem eleganten hellbeigefarbenen Anzug, Michaela in einem tief ausgeschnittenen, weißen Brautkleid. Der Ort der Trauung war Schloss Langenburg im Kreis Schwäbisch Hall. „Es wird emotional werden, verspreche ich euch“, meint sie in der Sendung. Ihrem Familien- und Freundeskreis hatte Michaela erst recht spät von ihrer Teilnahme erzählt. „Da waren die Reaktionen zuerst einmal zwiegespalten. Teilweise fanden sie es super, andere haben sich gefragt, wie man da mitmachen kann. Aber nachdem ich ihnen erklärt hatte, was es mit der Sendung auf sich hat, standen sie alle hinter mir und der Entscheidung, da mitzumachen.“ Insgesamt zehn Gäste durfte sie zu der Blindhochzeitsfeier mitbringen.

Die aktuelle Staffel der Sendung ist bereits abgedreht, da die Ausstrahlung aber noch läuft, darf Michaela nicht verraten, ob sie noch mit Karsten verheiratet ist oder ob sie sich für die Scheidung entschieden hat. Um sicherzugehen, dass nichts ausgeplaudert wird, lässt der Sender Zitate der Kandidaten vor der Veröffentlichung prüfen.

Vor dem Traualtar wirken die beiden glücklich. Foto: Sat 1/Assmann

Für den Fall, dass das mit der Liebe trotz der Wissenschaft nicht hinhaut, hat das Paar aber auch schon vorgesorgt: „Es wurde natürlich ein Ehevertrag geschlossen, das ist notariell alles abgesichert“, versichert Michaela. Eine Chance, dass aus der Blindhochzeit etwas Längerfristiges wird, gibt es rein rechnerisch zumindest. Das zeigen die Erfahrungen aus den bisher gesendeten Staffeln seit 2014. Zwar lassen sich nach sechs Wochen die meisten der Paare scheiden – 2015 waren es gar alle fünf –, aber in den meisten Jahren blieben ein bis zwei der Ehepaare bis auf Weiteres verheiratet.