Seit inzwischen zehn Jahren machen Katja Schneider, Gabriele Frank und Christine Lemberger einen einzigartigen Hölder-Wein. Aus der Idee von Lesehelferinnen ist eine schöne Tradition geworden – von der aber nur ein kleiner Kreis profitiert.

Aus den Lesehelferinnen sind echte Weinmacherinnen geworden: Kürzlich haben Christine Lemberger, Katja Schneider und Gabriele Frank – unterstützt von Wengerter Joachim Hess und seiner Frau Andrea – ihren zehnten Hölder-Jahrgang in Flaschen abgefüllt.

 

Die Fellbacherinnen sind zufrieden mit dem Jubiläumswein, der eine schöne Säure und Frucht aber auch ausreichend Restsüße von 6 Gramm besitzt, wovon ein Prozent von Müller-Thurgau-Trauben stammt. Und zum Zehnjährigen hat der Weinberg, sechs Ar im Gewann Lämmler in bester Südwest-Lage, den Hobby-Winzerinnen vom Kappelberg mit fast 700 Flaschen zudem eine Rekordmenge beschert. „Das liegt wahrscheinlich an der guten Pflege“, sagt Katja Schneider mit einem Lächeln.

Eine seltene Rebsorte

Es war eine Schnapsidee, die beim feucht-fröhlichen Leseabschluss mit allen Helfern im Spätherbst 2012 in der Schmiede in Fellbachs Oberdorf aufgekommen war. Christine Lemberger, Katja Schneider und Gabriele Frank, damals schon treue Lesehelferinnen, wollten selbst einmal Wein machen. Den Weinberg dafür bekamen sie von Familie Hess. Auf ihm wachsen die seltenen weißen Hölder-Trauben, die nach Friedrich Hölderlin benannt sind. 1955 wurde die Rebsorte in Weinsberg als Kreuzung von Riesling und Ruländer, auch bekannt als Grauburgunder, geboren. Doch sie setzte sich nicht durch. „So viel ich weiß, gibt es in ganz Deutschland heute noch drei, vier Weinberge mit Hölder, und einer davon liegt am Kappelberg und gehört uns“, sagt Joachim Hess, dessen Vater Erhard die Reben vor 51 Jahren gepflanzt hat. Und dass jemand, wie die Fellbacher Frauen, den Hölder sortenrein ausbaue, sei ihm nicht bekannt. „Ich gehe davon aus, dass wir die einzigen sind“, sagt Joachim Hess.

Der Weinbaufachmann und Mitglied der Fellbacher Weingärtner war von Anfang an wohlwollender Mentor der Newcomerinnen, und hilft ihnen – zusammen mit dem Fellbacher Kellermeister – aus der Traube einen echten Hölder zu machen, der den frischen und fruchtigen Charakter des Rieslings mit dem starken körperbetonten Abgang des Ruländers verbindet. 51 Jahre alt seien die Reben mittlerweile, sagt Hess, „sie werden, wie auch die Mädels, von Jahr zu Jahr besser.“

Denn aus dem als einmaligen Spaß gedachten „Mädleswein“ ist nunmehr schon der zehnte Jahrgang geworden. „Es macht uns riesig Spaß“, sagt Gabriele Frank. Und das umfasse auch die Arbeit im Weinberg, die dazugehöre: vom Rebenschneiden und -biegen im Frühjahr, Laub und Beerenpflege bis hin zur Lese im Herbst. Auch die Auswahl des Etiketts obliegt dem Frauenteam. In diesem Jahr ziert ein Foto aller Beteiligten die Flaschen. Eigenhändig, wie seit Jahren, haben sie die Stapel von Etiketten auf die Berge von Flaschen geklebt, die handschriftlich durchnummeriert sind. Dabei werden sie stets tatkräftig von Andrea Hess unterstützt. In den Anfangsjahren bestand das Label aus drei Strichfiguren mit Kleidchen und Zöpfen sowie einem Strichmännchen, das unberockt und mit Kurzhaarfrisur Joachim Hess darstellte. Zum fünften Hölder-Jahrgang haben sich die Frauen dann ein neues und edles grau-blau-silbernes Etikett zugelegt. Es war auch ein optisches Reifezeugnis. Denn längst machen Christine Lemberger, Katja Schneider und Gabriele Frank nicht nur die Handarbeit im Wengert, sondern sie mischen auch bei der Weinwerdung im Keller mit. Tobias Single, der Kellermeister der Fellbacher Weingärtner, hat den Jubiläumsjahrgang ausgebaut. „Und wir schmecken ihn gemeinsam mit ihm ab“, sagt Katja Schneider. Denn in die Flasche kommt nur, was Christine Lemberger, Katja Schneider und Gabriele Frank mundet.

Der Wein gelangt nicht in den Handel

Der Hölder-Wein kommt nicht in den offiziellen Verkauf. Der Frauen-Wein findet genügend Abnehmer im engen Kreis der Macherinnen. „Ich habe Freunde in Regensburg, die haben gleich zwei Kisten mitgenommen“, sagt Christine Lemberger. Nicht nur der süffige Wein als Endprodukt all ihrer Bestrebungen ist das, was die Frauen seit Jahren bei der Rebe hält. „Wir sind eine tolle Gemeinschaft“, sagt Gabriele Frank.