Der Protest für die Legalisierung der Homo-Ehe war erfolgreich, das Gesetz ist durch. In Montpellier wird die erste Hochzeit zwischen zwei Männern gefeiert.

Montpellier - Jetzt geht es für ihn erst richtig los. Jetzt heißt es für den Vorkämpfer der Homo-Ehe, das mühsam Erstrittene mit Leben füllen. „Und mit Liebe und mit Politik“, setzt er nach. Vincent Autin will seinen Freund Bruno heiraten. Frankreichs Nationalversammlung habe gegen alle Proteste das Gesetz zur Homo-Ehe verabschiedet, freut sich Vincent. Gleichgeschlechtliche Paare dürfen nun die Ehe eingehen und Kinder adoptieren. Und wieder eilt der 40-Jährige mit der windschnittigen Kurzhaarfrisur und dem Dreitagebart voraus. Auf der Stelle will der Chef einer Werbeagentur Hochzeit feiern, als erster Schwuler Frankreichs seinem Lebensgefährten das Jawort geben.

 

Dass dies Ausdruck von Liebe ist, wer wollte das bezweifeln? Aber auch ein politischer Akt? Ein Gesetz, das seien „kalte Worte“ auf Papier, findet der Franzose. Für das Gesetz zur Homo-Ehe gelte nichts anderes, so sehr es die Gemüter in den vergangenen Monaten auch erhitzt habe. Erst in der Praxis, wenn Homosexuelle tatsächlich heirateten, werde der gesellschaftliche Fortschritt wirklich sichtbar.

Ein Vorkämpfer für die Gleichberechtigung

Einer wie Autin macht keine halben Sachen. Wenn der Rugby- und Autofan in seiner südfranzösischen Heimatstadt Montpellier für die „Gleichberechtigung mit heterosexuellen Paaren“ stritt, dann war er mit ganzem Herzen dabei, kämpfte mit harten Bandagen. Als Präsident der Schwulenvereinigungen Lesbian and Gay Pride Montpellier und InterPride World – Region Frankreich bot er kirchlich-konservativen Reformgegnern Paroli. Wo die Rechtsbürgerlichen Verrat am traditionellen Familienbild beklagten, außer „Mama, Papa, Kind“ keiner anderen Lebensgemeinschaft die Weihen der Ehe zugestehen wollten, geißelte Autin „schändliche Diskriminierung und Homophobie“. Und wie die Reformgegner ging auch er mit Zehntausenden von Gleichgesinnten auf die Straße, demonstrierte heute in dieser, morgen in jener Stadt.

Und wenn er heiratet, dann aber richtig. Der PR-Experte scheut nicht das Licht der Öffentlichkeit. Er sucht es, er braucht es. Bruno, der künftige Ehemann, ein 29-jähriger Beamter, liebt es diskreter. Seinen Nachnamen mag er lieber nicht nennen. Aber Vincent, so hat Bruno beschlossen, soll seinen Willen haben. Und so wird bei Frankreichs erster Schwulenhochzeit nicht gekleckert, sondern geklotzt. Die ganze Stadt soll mitfeiern.

Eine ganze Stadt will mitfeiern

Und sie wird sich wohl auch nicht lange bitten lassen. Montpellier gilt als schwulen- und lesbenfreundlichste Metropole Frankreichs, die sozialistische Bürgermeisterin Hélène Mandroux als Wegbereiterin eines außergewöhnlich gedeihlichen Zusammenlebens von Homo- und Heterosexuellen. Laut einer Erhebung des Magazins „Têtu“ versichern 77 Prozent der in der südfranzösischen Stadt lebenden Homosexuellen, sie seien dort noch niemals diskriminiert worden. 66 Prozent fühlen sich von den Ladenbesitzern und Verkäufern freundlich behandelt. „In Montpellier werden wir nicht nur toleriert, sondern respektiert“, sagt Autin.

Am Ende feiert womöglich das ganze Land. Frankreichs Frauenministerin Najat Vallaud-Belkacem hat ihr Kommen angekündigt. „Die Hochzeit wird öffentlich sein, alle sind willkommen, Vertreter französischer wie internationaler Homosexuellenvereinigungen, die Medien, einfach alle“, sagt Autin. „Alle zusammen haben wir schließlich auch gesellschaftlich etwas bewegt.“ Wann genau die Fête steigt, steht noch nicht fest. Es dürfte wohl Juni werden, bis die zur Eheschließung notwendigen Formalitäten erledigt sind.

Und nach der Hochzeit? Einer wie Autin legt dann nicht die Hände in den Schoß. Er werde weiterhin mit Nachdruck die Sache der Schwulen und Lesben verfechten, sagt er. Die Einführung der Homo-Ehe bedeute schließlich noch lange nicht das Ende jedweder Diskriminierung. Und privat? „Wir werden ein Kind adoptieren und eine Familie gründen“, kündigt er an. Vermutlich soll es schnell gehen.