Jüdische Gemeinde setzt im Rahmen des Hospitalviertelfestes mit der Eröffnung des Synagogenvorplatzes Zeichen. Mit unserem Synagogenplatz wird unsere Gemeinde viel stärker als bisher ins Bewusstsein der nichtjüdischen Bürger rücken“, sagt IRGW-Vorstandssprecherin Barbara Traub.

Stuttgart - Da bleibt kein Auge trocken. Als die Kinder der jüdischen Kita zur Eröffnung des Gemeindevorplatzes ihre Lieder vortragen, wird jeder von einer tiefen Rührung ergriffen. Nicht minder beeindruckend sind die Gesangsvorträge des Kantors Nathan Goldman. Seine Lieder gehen ins Herz. Und das ist Absicht. Die feierliche Eröffnung des Synagogenvorplatzes im Rahmen des Hospitalviertelfestes ist für die Israelitische Gemeinde (IRGW) Herzenssache und soll auch ein neues Kapitel interreligiöser Verständigung aufschlagen.

 

„Wir hoffen, dass die Stuttgarter Bürger künftig nicht mehr nur wissen, dass es in der Stadt eine Synagoge gibt, sondern dass sie auch wissen, wo genau die Stuttgarter Synagoge steht. Mit unserem Synagogenplatz wird unsere Gemeinde viel stärker als bisher ins Bewusstsein der nichtjüdischen Bürger rücken. Nicht mehr nur als jüdische Menschen, sondern auch als jüdische Gemeinde werden wir künftig stärker wahrgenommen werden. Wahrgenommen als Teil dieses Landes. Als Teil dieser Stadt“, sagte IRGW-Vorstandssprecherin Barbara Traub, deren Worte von Kulturamtsleiterin Birgit Schneider-Böllinger flankiert wurden. Auch die Vertreterin der Landeshauptstadt würdigte die Neugestaltung des Platzes „als einen Meilenstein, der das ganze Quartier aufwertet“. Überdies lobte Birgit Schneider-Böllinger die „sensible Arbeit“ des Leonberger Architekten Joseph Abiry. Er hatte den Ideenwettbewerb gewonnen, bei dem es auch galt, die Themen Sicherheit, Schutz vor Vandalismus und nächtlichen unliebsamen Besuchern der nahe liegenden Partymeile umzusetzen. Europas Erschütterung durch die Terrorakte in Paris, Brüssel und Kopenhagen hatten ihren Einfluss auf die Gestaltung des Synagogenvorplatzes, bei dessen Fassadensanierung Naturkalkstein und Travertin zum Einsatz kamen. Umgebaut wurde auch die Pforte. Sie ist ein Zeichen der Öffnung der jüdischen Gemeinde hinein in die Stadtgesellschaft. In Zukunft werden die Besucher von Synagogenführungen oder von den Jüdischen Kulturwochen besser Ein- und Auslass finden. Hinzu kommt, dass die Pforte des Gemeindezentrums nun barrierefrei ist. „Ich hoffe, dass sich dies alles nicht nur belebend auf das Gemeindeleben auswirken wird“, sagte Kulturamtsleiterin Birgit Schneider-Böllinger, „sondern, dass auch noch mehr Kultur interessierte Stuttgarter den Weg in die Synagoge finden.“

Pfarrer Schwarz freut sich auf „Ort der Begegnung“

Gleiches wünscht sich ein Nachbar der jüdischen Gemeinde, der evangelische Hospitalkirchen-Pfarrer Eberhard Schwarz: „Begegnung findet nicht auf unseren Schreibtischen oder in unseren Köpfen statt. Es ist immer wieder der Alltag und der öffentliche Raum, der Menschen zueinander führt. Deshalb ist die Neugestaltung des Synagogenvorplatzes und das bessere Sichtbarwerden jüdischen Lebens in Stuttgart eine wunderbare Initiative.“ Aus Sicht des City-Pfarrers „stärkt es die gute Nachbarschaft im Quartier, wertet das Hospitalviertel auf und schafft einen starken repräsentativen Ort jüdischen Lebens und des Begegnens in der Landeshauptstadt“.

Schwarz, der auch Vorstand des Hospitalviertelvereins ist, trug seinerseits an diesem Tag zur Stärkung des Gemeinschaftsgefühls in dem Innenstadt-Quartier bei. Bei seinem Hospitalviertelfest präsentierten sich unter anderen das St.-Agnes Gymnasium mit einer Big-Band sowie die Volkshochschule mit zwei Chören.