Seit Februar befinden sich Häftlinge im US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba in Hungerstreik. Viele sind seit vielen Jahren ohne Prozess interniert. Mit Besenstielen bewaffnet wollten sie ihre Verlegung in Einzelzellen verhindern.

Guantanamo/Kuba - Im US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba ist es am Wochenende zu heftigen Zusammenstößen gekommen. Mit Besenstielen bewaffnete Häftlinge versuchten ihre Verlegung aus Gemeinschaftsräumen in Einzelzellen zu verhindern. Nach Angaben der US-Armee feuerten die Wärter daraufhin Gummigeschosse ab. Es sei aber niemand ernsthaft verletzt worden, hieß es. Die Randale markiert den vorläufigen Höhepunkt eines seit Februar andauernden Hungerstreiks, dem sich inzwischen mehrere Dutzend Männer angeschlossen haben. Die verbliebenen 166 Guantanamo-Gefangenen sind zum Teil seit mehr als einem Jahrzehnt interniert und haben wenig Hoffnung, jemals vor Gericht gestellt oder freigelassen zu werden.

 

Die Auseinandersetzungen begangen nur wenige Stunden, nachdem eine Delegation des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) das Lager auf Kuba verlassen hatte. Ein Sprecher der Hilfsorganisation sagte, das IKRK habe keine Kenntnisse über die Hintergründe und den Verlauf der Zusammenstöße. Wie die US-Armee mitteilte, hatten die Gefangenen Fenster, Trennwände aus Glas und Überwachungskameras in den Gemeinschaftsräumen mit Stofffetzen verhüllt und sich damit der Kontrolle durch das Wachpersonal entzogen.

Objektive Überprüfung nicht möglich

Eine unabhängige Überprüfung der Angaben ist nicht möglich, da die US-Armee seit Wochen Journalisten keinen ungehinderten Zugang zu den Häftlingen ermöglicht. So gehen auch die Angaben über die Zahl der Hungerstreikenden weit auseinander. Die US-Armee erklärte, 43 Gefangene verweigerten die Nahrungsaufnahme. 13 von ihnen würden über Sonden zwangsernährt. Dagegen erklärten Anwälte der Häftlinge, nahezu alle der 166 Lagerinsassen weigerten sich zu essen. Carlos Wagner, der mehrere Gefangene rechtlich vertritt, verurteilte die Razzia durch das Wachpersonal und sagte: „Das ist genau das Gegenteil von dem, was sie tun sollten. Das Militär sorgt für die Eskalation des Konflikts.“

Der Hungerstreik begann, als sich Häftlinge über Durchsuchungen ihrer Zellen beschwerten und beklagten, Ausgaben des Korans seien unangemessen behandelt worden. Die US-Armee wies diese Vorwürfe zurück und erklärte, nur Übersetzer, die selbst Muslime seien, dürften den Koran berühren. Das Gefangenenlager existiert seit 2002. Dort waren zwischenzeitlich fast 800 Terrorverdächtige interniert.