Auch in den frommen Ländern des Islam gibt es Prostitution. Nabil Ayouchs Spielfilm „Much Loved“ zeigt, wie hart das Leben von Huren in Marokko ist – und wie die Frauen mit den Demütigungen fertig werden.

Stuttgart - Noha, Soukaina und Randa kennen die Straße: Die drei jungen Frauen sind Schattengestalten eines Marrakesch weit abseits der pittoresken Touristenszene. Bei Nacht ziehen sie grölend unter den Neontafeln der Stadt umher, tragen neben ihren Körpern eine aufdringliche „Mir gehört die Straße“-Attitüde zur Schau und sprechen dabei in so frivolen Worten von ihrem Job und ihrem Körper, dass man schon beim Zuhören rot wird. Ja, Poesie gehört nicht in die brutale Wirklichkeit, durch die sich die drei Protagonistinnen in „Much Loved“ schlagen: Noha, Soukaina und Randa sind Prostituierte.

 

Regisseur Nabil Ayouch erzählt in seinem mutig inszenierten Drama von Frauen, die sich mit dem Leben auf dem Abstellgleis abgefunden haben und sexuelle Erniedrigungen durch schmierige Freier genauso stoisch ertragen wie die dauerpräsente Gewalt, mit der sie leben. Die ständigen Herabwürdigungen vergelten sie mit selbstbewusster Respektlosigkeit – wovor soll man auch noch Angst haben in diesem gefährlichen Leben am Rand der Bedeutungslosigkeit?

Eine Vision von Zuhause

Doch natürlich ist ihre Großkotzigkeit nur Show. In kurzen, sanften Momenten lässt Ayouch seine Huren aus dem Elend ausbrechen: wenn sie von einer Hochzeit träumen zum Beispiel und es statt um Sperma und Unterleibsschmerzen plötzlich um eine unerreichbare Vision von Zuhause geht.

Die Luftschlösser halten allerdings nie länger als ein paar Atemzüge, dann folgt schon der nächste Schlag, die nächste Demütigung. Die Brutalität, mit der Ayouch seine abgestumpften Schönen inszeniert, ist beeindruckend. So beeindruckend, dass Marokkos Regierung die Aufführung des Films verbieten ließ. Zu groß der Tabubruch, zu explizit die Darstellung. Gerade die Rücksichtslosigkeit aber macht „Much Loved“ zu einer intensiven Milieustudie.