Vor 25 Jahren verwehrte die Landesregierung der Schulreferendarin Fereshta Ludin die Übernahme in den Staatsdienst. Akten aus jener Zeit sind jetzt im Hauptstaatsarchiv angelandet. Sie zeigen: Auch damals wurde schon um Identitätspolitik gerungen. Und die Debattenkultur ließ ebenfalls zu wünschen übrig.

Mitte 1998 ging im Staatsministerium ein Brief ein, in dem sich ein Schulrektor a. D. an den Ministerpräsidenten Erwin Teufel wandte. Der Pensionär befleißigte sich, dem CDU-Politiker mitzuteilen, dass sich an der Parteibasis viele Empörte fänden, deren Missstimmung sich gegen Kultusministerin Annette Schavan richte. Der Vorwurf: Die Musterkatholikin Schavan gehe zu duldsam mit der Schulreferendarin Fereshta Ludin um, die darauf bestehe, auch im Unterricht ein Kopftuch („ein provozierendes Kopfgestell“) zu tragen. Würde Ludin als Beamtin in den Schuldienst übernommen, schrieb der Pädagoge aus dem württembergischen Allgäu, „wird dies für mich der Anlaß sein, der Union, der ich fast 50 Jahre angehöre, Lebewohl zu sagen. Denn langsam kotzt mich das Multi-Kulti-Getue der professionellen Gutmenschen zuinnerst an.“ Auf dem Brief findet sich die handschriftliche Randglosse, oder besser: der Randseufzer der zuständigen Referentin in der Regierungszentrale: „Fängt das wieder an?“