François Ozons amüsante historische Farce „Mein fabelhaftes Verbrechen“ dreht sich um Frauen, die sich erfolgreich ihrer Haut erwehren.

Mit viel Freude am Dekor bringt François Ozon das Paris des Jahres 1935 auf die Leinwand: Er markiert die farbig schillernde Kulisse als solche, indem er Roben, Oldtimer und Belle-Epoque-Fassaden einen ironischen Tick zu sehr strahlen lässt. Mittendrin halten sich die angehende Schauspielerin Madeleine und die angehende Rechtsanwältin Pauline in ihrem WG-Zimmer mit allen Tricks über Wasser.

 

Ein lüsterner Filmproduzent empfängt und bedrängt Madeleine in seiner Villa , kurz darauf findet man ihn erschossen. Das folgende Gerichtsverfahren wird zum Diskurs über eine Frage, die die Menschheit bis heute beschäftigt, Stichwort „Metoo“: Wie können Frauen sich im Umgang mit übergriffigen Männern ihrer Haut erwehren?

Ein einziger Dialog

Regisseur Ozon brennt für seine Anliegen und bereitet den Frauen eine komödiantische, nicht leicht zu bespielende Bühne – denn der Film ist ein einziger Dialog an der Grenze zur Geschwätzigkeit, der Feinheiten in Mimik und Gestik erfordert und diese ausstellt wie unter einem Brennglas. Nadia Tereszkiewicz als talentfreie Madeleine tut offensichtlich nur so, als würden ihr alle zu Füßen liegen. Sie versprüht weder die gebrochene Süße der jungen Marylin Monroe noch das unbändige Vibrieren der jungen Brigitte Bardot – vom Honigcharme einer Scarlett Johansson ganz zu schweigen.

Rebecca Marder als Jung-Juristin Pauline dagegen funkelt vor Intelligenz und stiehlt Tereszkiewicz mitunter die Schau. Die große Isabelle Huppert setzt Glanzpunkte als überkandidelte Odette Chaumette, die als Stummfilm-Star nie beim Tonfilm angekommen ist. Sie salbadert über ihre eigene Grandezza und die schlechte Welt, die selbige nicht erkennt – und wittert bald als Erpresserin Morgenluft.

Bei den Herren sticht Dany Boon heraus als verführerischer Gentleman mit Prinzipien, außerdem André Dussolier als Industrieller und Schwiegervater in spe, dessen patriarchales Gehabe die Frauen elegant unterlaufen. Klamottig wirkt Fabrice Lucchini, der als Untersuchungsrichter hartleibigen Unsinn redet und geschlagen ist mit einem Gehilfen (Olivier Broche), der über gesunden Menschenverstand verfügt.

Ozon zitiert satirisch Gags von eins

Dieser lacht einmal zu lang und zu laut über einen Witz auf Kosten seines neben ihm stehenden Chefs, und die Szene ist symptomatisch: Auch der Humor in „Mein fabelhaftes Verbrechen“ ist historisch markiert, Ozon zitiert satirisch längst überstrapazierte Gags von einst. Das macht seinen Film eher zur amüsanten Farce denn zur ausgewachsenen Komödie. Häufig ist er näher am Komödienstadl als an Hollywoods Meisterwerken jener Ära wie „Leoparden küsst man nicht“ 1938), „Arsen und Spitzenhäubchen“ (1941) – oder auch seiner eigenen „Whodunnit“-Humoreske „Acht Frauen“ (2002).

Große Screwball-Kinokunst ist dem Franzosen also nicht gelungen, zum Schmunzeln lädt er aber durchaus ein. Das liegt auch an geschliffenen Dialogen, die deutsche Synchronfassung nimmt die heute gestelzt wirkende Sprache der Mittdreißiger erfolgreich auf. Ozons großer Pluspunkt ist sein gewitzter Diskurs um weibliche Macht und Ohnmacht. Dieser hebt sich klar ab aus dem mitunter absurden Geplänkel und verleiht dem Film eine Aura zeitgemäßer Bedeutung.

Mein fabelhaftes Verbrechen: F 2023. Regie: François Ozon. Mit Nadia Tereszkiewicz, Isabelle Huppert, Dany Boon. 102 Minuten. Ab 12.