Stuttgarts Ruf ist zweischneidig. Heiß und spießig, sagen die einen. Cool, modern und voller Kultur, behaupten die anderen. Auch die Reiseführermarke „Marco Polo“ hat sich ihren Reim darauf gemacht. Sie empfiehlt die Landeshauptstadt im Trendguide ‚24.

Ok, man könnte der Reiseführermarke „Marco Polo“ Lokalpatriotismus nachsagen, weil sie ausgerechnet Stuttgart in ihrem neuen Trendguide ‚24 empfiehlt. Schließlich sitzt der Verlag in Ostfildern vor den Toren der württembergischen Metropole. Aber die Autoren des neuen Buchs sind sich sicher: „Eine langweilige Businessmetropole? Das ist BadenWürttembergs Landeshauptstadt schon lange nicht mehr.“ Und für die anstehende Europameisterschaft im kommenden Sommer (14. Juni bis 14. Juli 2024) setzen sie wie schon 2006 auf Stuttgart als „Stadt der ausgelassenen Partys“. Schließlich seien das Stadion fit und die City fein gemacht worden.

 

Der soeben erschienene Trend-Reiseführer von MairDumont, der größten deutschen Reiseverlagsgruppe, beansprucht für sich, fürs kommende Jahr 40 Ziele vorzustellen, „die neu auf der touristischen Landkarte sind“. Diese Formulierung und Behauptung könnte manchen wundern, weil auch die vielbesuchte Ostsee-Insel Rügen in dem (duzenden) Buch vorkommt („Seit 2023 kannst du vom neuen Skywalk - 118m über den Kreidefelsen - über den Königsstuhl, die Kreideküste und die Ostsee blicken. Und: 2024 ist der 250. Geburtstag von Caspar David Friedrich“). Allerdings findet sich dort auch das hessische Darmstadt mit dem Hinweis: „Diese Stadt steht wohl bei keinem ganz oben auf der BucketList. Schlau ist, wer trotzdem hinfährt.“

15 Ziele des Trendguides sind in Deutschland, Österreich und der Schweiz, 15 im übrigen Europa und 10 in der restlichen Welt. So werden etwa Rotterdam in den Niederlanden, Valencia in Spanien, Belfast in Nordirland oder aber Ghana in Westafrika empfohlen. Im deutschsprachigen Raum gehören zu den angeblich unentdeckten Zielen neben Stuttgart und Darmstadt noch die Insel Poel („Vor der Küste zwischen Wismar und Rostock liegt eine noch unentdeckte Urlaubsperle“) und Spitzingsee in Bayern („im Reigen der bayerischen Seen eher der Unbekannte“). Als „größte bilinguale Stadt der Schweiz“ wird außerdem Biel/Bienne ans Herz gelegt („wunderschöne Altstadt, Weinberge im DreiSeenLand und die Uhrenindustrie“).

Und die Tipps für die Zeit vor und nach dem Schlusspfiff des EM-Spiels?

In der Kategorie „Nachhaltig“ findet die Uckermark Erwähnung, in der man sich „um den ökologischen Fußabdruck keine Sorgen machen“ müsse - außerdem auch das Fichtelgebirge („Manche meinen sogar, sie seien bis nach Kanada gestiefelt, wenn sie auf das Nadelbaummeer blicken“).

In der Kategorie „2024 erleben“ werden zum Beispiel die Oberlausitz sowie die kommende Kulturhauptstadt Bad Ischl angepriesen („Die österreichische Kurstadt ist zusammen mit 22 weiteren Orten im Salzkammergut die erste ländlichalpine Region mit dieser Auszeichnung“). Das ist auch die Kategorie, in der die Autoren Stuttgart platzieren: „Der Marktplatz wurde saniert, die Barszene vibriert, frische (Design)Hotels machen Laune, und ein neues Haus des Tourismus soll dazu einladen, mehr von der Stadt und der Region zu sehen“, argumentieren sie.

Und die Tipps für die Zeit vor und nach dem Schlusspfiff des EM-Spiels? Der Trendguide empfiehlt da neben dem Nachtleben in den Bars zum Beispiel das „Chillen nach dem Spiel“ („Wenn du dich beim Jubeln und Mitzittern verkrampft haben solltest, kannst du dich im nahen Mineralbad Leuze entspannen.“). Auch die Flussfahrt nach Marbach oder in die Hessigheimer Felsengärten, die Aussichtsplattform des Fernsehturms und die Museen von Porsche und Mercedes-Benz stehen auf der To-do- und der To-see-Liste.

Lokalkenntnis beweisen die Autoren bei einer Warnung vor dem Stuttgarter Nahverkehr: Mit Stadtbahnen und Bussen könne man zwar unterwegs sein, aber: „SBahnen verspäten sich oft oder fallen aus.“

Für den Trendguide ‚24 wurde eine Longlist mit Vorschlägen von rund 200 Autorinnen und Autoren von „Marco Polo“ von einer Redaktion zur Shortlist gemacht. Eine Jury traf die finale Auswahl. In der Jury saßen der Trendforscher Peter Wippermann (Gründer des Trendbüros), Zukunfts- und Trendforscherin Anja Kirig, Prof. Harald Zeiss (Professor an der Hochschule Harz in Wernigerode mit Schwerpunkt Nachhaltigkeit und internationaler Tourismus), Verlegerin Stephanie Mair-Huydts (Leiterin und Sprecherin der Geschäftsführung bei MairDumont), Reiseführer-Autor Jens Bey und Lektor Jan Düker.