Ein Hidden Champion aus Allmersbach macht mit einer ungewöhnlichen Imagekampagne in der Region Stuttgart auf sich aufmerksam.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Harro Who? Auf Druckfahnen an Stadtbahnen und Plakaten in Stuttgart und der Region sind zurzeit nachdenkliche Menschen zu sehen. Frauen und Männer sinnieren über eine Frage, die sich vermutlich so manchem stellt, wenn er mit dem Namen Harro Höfliger konfrontiert wird. Dabei hat dieser in eingeweihten Kreisen einen hervorragenden Klang.

 

Wettbewerbern oft mindestens eine Nasenlänge voraus

Wer ist also Harro? Das 1975 gegründete Unternehmen aus Allmersbach im Tal ist das, was man einen Hidden Champion nennt. Verpackungsmaschinenhersteller, wie sich die Firma selbst bezeichnet, trifft die Expertise eher unzureichend. Harro Höfliger entwickelt und baut Produktionsmaschinen für vielerlei pharmazeutische und medizinische Produkte – etwa Maschinen, die wiederverwertbare Inhalatoren zusammenfügen oder Spritzen so montieren, dass sie vor der Anwendung nicht piksen. Zudem werden Maschinen hergestellt, welche die Produkte verpacken. Wettbewerbern ist die Firma bei den Spezialentwicklungen oft mehr als nur eine Nasenlänge voraus.

In Fachkreisen hat sich das längst herumgesprochen. Und zu sagen, der Prophet gilt nichts im eigenen Land, wäre falsch formuliert – dennoch hat Höfliger auch in der Region nicht den Bekanntheitsgrad anderer Innovations-Champions wie Bosch oder Mercedes. Weil das in Zeiten des Fachkräftemangels besonders ärgerlich ist, hat sich die Firma jetzt zu jener ungewöhnlichen Imagekampagne entschlossen, die selbstironisch mit dem eigenen Manko spielt.

Frage geht auf eine Episode aus den 1990er-Jahren zurück

Die auf den Plakaten aufgegriffene Frage geht auf eine Episode aus den 1990er-Jahren zurück. Damals hatte der vor vier Jahren verstorbene Firmenchef in der New Yorker Zentrale eines US-Pharmariesen einen Termin. Obwohl das einst in einer Untertürkheimer Garage gegründete Unternehmen zu der Zeit schon eine Niederlassung in den USA aufweisen konnte, sorgte Harro Höfligers Vorstoß, eine Geschäftsbeziehung aufzubauen, bei den Gesprächspartnern für Stirnrunzeln – und jene nun in der Imagekampagne aufgegriffene Frage: „Harro Who?“.

Man legte ihm damals nahe, doch in frühestens zehn Jahren noch einmal vorzusprechen – wenn es das Unternehmen dann überhaupt noch gebe. So lange wartete Harro Höfliger indes nicht. Bereits zwei Jahre später erhielt er den ersten Auftrag. Die Geschäftsbeziehung bestehe bis heute und sei eng und von gegenseitigem Vertrauen geprägt, heißt es nun vonseiten des Allmersbacher Weltunternehmens.

Kampagne ist eine komplette Eigenentwicklung

Die aktuelle Harro-Who-Kampagne sei komplett in der eigenen Marketingabteilung entstanden, heißt es von dort nicht ohne Stolz. Das Ziel sei eine „Recruiting-Kampagne“ gewesen, die aus dem Rahmen falle und mit einem Augenzwinkern aufgreife, „dass wir außerhalb des Großraums Backnang trotz eines hervorragenden Rufs als solider, krisenfester Arbeitgeber bei potenziellen Mitarbeitenden zu wenig bekannt sind“, wie die Kommunikationsmanagerin Rosemarie Christ einräumt.

Das Unternehmen, das zurzeit 1850 Mitarbeiter zählt und zuletzt einen Jahresumsatz von 320 Millionen Euro gemacht hat, wachse stetig. Allein im vergangenen Jahr seien drei neue Standorte hinzugekommen. Derzeit habe man mehr als 50 offene, teilweise sehr spezialisierte Stellen, die allein mit Bewerberinnen und Bewerbern aus der unmittelbaren Region kaum zu besetzen seien.

Auch eine Stadtbahn ist beklebt

Dennoch geht das Unternehmen dort noch einmal gezielter auf die Suche. Großplakate sind im Wechsel im Rems-Murr-Kreis, in Satteldorf, Crailsheim, Kirchheim unter Teck, Göppingen sowie Schlierbach zu sehen. In Stuttgart wurden eine Stadtbahn und eine Buslinie entsprechend beklebt. Auch LED-Infowände sind unter anderem in der Landeshauptstadt gebucht. Dabei weist man auf eine eigens eingerichtete Internetseite hin, auf der die Frage aufgelöst, die Begebenheit erklärt und die Firma näher vorgestellt wird.

Der Personalchef Uwe Amann berichtet von überaus positiven Reaktionen auf die ungewöhnliche Kampagne. Viel wichtiger aber als Lob sei, „dass es uns gelungen ist, Neugier auf Harro Höfliger zu wecken“. Und vielleicht fragt der eine oder andere jetzt nicht mehr „Harro wer?“.