Jens Heckermann hat ein Vierteljahrhundert lang mit seinen Kollegen von Füenf Erfolge gefeiert. Als Kauz geht er mit Umweltthemen eigenwilligere Wege – auch wenn die nicht mainstreamtauglich sind.

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Man begegnet Jens Heckermanns Gesicht derzeit oft: mit aufgerissenem Mund, gestikulierend, als klamaukiger Mittelpunkt seiner ebenfalls Fratzen ziehenden Kollegen von den Füenf, auf knallbunten Plakaten, die von der Abschiedstournee der Erfolgs-A-cappella-Gruppe künden. Der Mann, dem man live gegenübersitzt, hat mit diesem Bild eher wenig zu tun. Es ist nicht Pelvis, die überkandidelte Füenf-Rampensau, sondern der Kauz – der Geerdete, etwas Zerknitterte, Naturverbundene. „Der Kauz“, sagt Heckermann, „hat die Intention, die Leute wieder mal ein bisschen dafür zu sensibilisieren, wo wir eigentlich herkommen und was wichtig ist“.

 

Der Nachtvogel ist Symbol für Heckermanns eigenes Musiklabel Kauz Musik, aber auch der Künstlername, unter dem er als Singer-Songwriter mit ökologischer Botschaft neu durchstarten will. „Ich bin 1993 und 1994 schon als Kauz getourt, habe das dann aber für die Füenf aufgegeben“, erzählt er. Nun, da sich die Zeit der Füenf nach einem Vierteljahrhundert ihrem Ende zuneigt, will Heckermann back to the roots.

Den Kauz sieht er als Alter Ego: ungezähmt, aufgehoben in der Natur, mit scharfem Blick die Lage sondierend. Ihn beschäftigen, auch wenn das eher implizit mitschwingt – der erhobene Zeigefinger liegt ihm nämlich nicht – Themen wie Fragilität der Lebensräume, Klimawandel, Wasserknappheit oder Ressourcenausbeutung. Das läuft bei ihm alles unter dem Oberbegriff „Nature Pulse“.

Die Sehnsucht nach intakter Natur, Rückbesinnung und Digital Detox

In der Natur zu sein, das sei ihm schon immer total wichtig gewesen, erzählt er: ob mit seinen Eltern, ob mit seinem Opa im Wald bei Ofterdingen („Der Wald war mein Spielplatz, das war immer was ganz Besonderes“) oder mit seiner Frau, einer Försterstochter, und seinen Kindern, die mittlerweile erwachsen sind. Ihm hätte es sogar behagt, mit der Familie selbst weit raus zu ziehen. Den Kindern zuliebe, die nicht von Elterntaxis abhängig sein sollten, entschieden sich die Heckermanns aber für Freiberg am Neckar.

Im Oktober 2022 veröffentlichte er das Kauz-Album „Uocha Naoah“ mit Titeln wie „Kopf zur Sonne“, „Weitergehn“ oder „Bleib sanft“. Die Songs: geprägt von der Sehnsucht nach intakter Natur, Rückbesinnung und Digital Detox. Die Musik, mit ihm selbst an der Gitarre: rockig, bluesig, mit Reggae-Anklängen. Seine Stimme: mal reibeisenmäßig, mal glashell bis in höchste Höhen. Die Texte: assoziativ, mehrdeutig. In „Die Päpstin“ zum Beispiel kommt nicht wirklich eine Päpstin vor; das Video dazu zeigt eine Gruppe Menschen, die aus einer wie eine schwarze Wand aufragenden Reihe von SUVs steigt und sich einem Lagerfeuer auf einer Lichtung langsam locker macht. „Die Päpstin ist ein Sinnbild für das, was es in der Realität noch nicht gibt, was aber mal dringend nötig wäre“, sagt Jens Heckermann. Für diesen Song bekam er kürzlich den VDMplus-Award, einen Publikumspreis des Verbandes Deutscher Musikschaffender. „Ein Ritterschlag“, freut er sich.

„Wenn wir noch mal was Neues machen wollen, müssen wir es jetzt machen“

Dass das, wie ambitioniert auch immer, Nischen-Kunst ist, das ist Jens Heckermann klar. „Ich bin ja Realist“, sagt er. Er steht an einem Wendepunkt in seinem Musikerleben: „Klar ist das ein Einschnitt: Die Füenf haben uns 25 Jahre lang mehr als gut ernährt, und wir haben uns eine gewisse Reputation erworben. Diese Sicherheit ist auf einmal weg.“ Vom Kauz wird er nicht leben können. Aber Heckermann ist vielseitig aufgestellt, steigt zum Beispiel bei der Comedy-Gruppe Backblech ein: „Ich freu’ mich riesig drauf, mit Cherry Gehring zusammenzuarbeiten. Wenn wir zwei zusammen singen, dann knallt’s“, prophezeit er lachend. Auch als Gesangscoach ist er gefragt. Schon früher hatte er Sängerinnen und Sänger unterrichtet, 2020 startete er noch eine Ausbildung am Kopenhagener Complete Vocal Institute und ist jetzt „ zertifizierter CVT Instructor“.

Tut es ihm weh, dass die Füenf bald Geschichte sind? „Nein. Wir hatten eine tolle Zeit, aber wenn wir noch was Neues machen wollen, müssen wir es jetzt machen“, sagt Jens Heckermann. Außerdem stünden jetzt erst mal noch jede Menge Füenf-Auftritte an – und überdies wird das Vokal-Quintett kommendes Jahr auf 22 Pur-Open-Airs dabei sein, wie seit Freitag feststeht.

Der kompromisslose Kauz soll aber nie mehr zu kurz kommen: Die Themen brennen Heckermann einfach auf den Nägeln. „Ich bin zwar kein Aktivist, der sich auf dem Boden festklebt, aber in der Sache haben die Leute doch recht, man muss ja nur die Klimaberichte lesen“, sagt er. Es sei „Bullshit“, wenn seine Generation über die nachkommende herziehe. „Das sind die gleichen Leute, die früher selbst AKW-Gegner waren.“

Ein Musiker mit vielen Facetten

Kauz in Kurzform
Jens Heckermann, Jahrgang, 1966, stammt aus Kornwestheim, feierte früh mit der Band Vaseline Joystick Erfolge, studierte Jazzgesang, wird als Pelvis bei der A-cappella-Gruppe Füenf gefeiert, erhielt diverse hochkarätige Preise, ist aber auch als Gesangscoach – etwa für Hartmut Engler von Pur – , Produzent, Toningenieur, Auftragskünstler und Songwriter tätig.

Kauz im Konzert
Mit dem Programm „Wenn der Kauz singt“ tritt Heckermann am Freitag, 29. September, um 20 Uhr im Kabirinett in Spiegelberg-Großhöchberg auf, am 4. November um 19.30 Uhr im Weingut Gerd Keller in Hohenhaslach und am 18. November um 20 Uhr dann in der Schlosskelter in Freiberg am Neckar. Der Kauz tummelt sich auch im Internet. Mehr über ihn gibt es auf seiner eigenen Website https://kauz-online.de und auf Instagram unter @kauz_offiziell.