„Mal doch mal ein Haus“, bekommen Kinder oft gesagt. Für Ursula Thiele-Zoll ein Albtraum. Deshalb wurde die von ihr gegründete Jugendkunstschule ein voller Erfolg.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Wenn sie etwas besitzt, so ist es Beharrungsvermögen: Ursula Thiele-Zoll hat im Lauf ihres Künstlerlebens harte Bretter gebohrt. Es hat sich gelohnt. Vor fünfzig Jahren, lange bevor man in Stuttgart von der kinderfreundlichen Stadt sprach, überzeugte die Künstlerin den damaligen Direktor des Württembergischen Kunstvereins davon, dass Stuttgart eine Jugendkunstschule benötigt. Es war der Startschuss für ein Projekt, das im Lauf der Jahre Tausenden Kindern Lust an der Kunst gemacht hat.

 

Die Politik wird im Stadtpalais gratulieren

Nun feiert die Jugendkunstschule – kurz Jukus – ihren fünfzigsten Geburtstag mit einem großen Festakt, bei dem im Stadtpalais auch die Staatssekretärin Petra Olschowski und der Erste Bürgermeister Fabian Mayer gratulieren. Vor allem erinnert eine Ausstellung an die vielen Projekte und Gesamtkunstwerke, die in den vergangenen Jahrzehnten von Stuttgarter Kindern und Jugendlichen gefertigt wurden. Denn ob es um das Thema Meer oder die Erschaffung der Welt ging – immer wieder wurden gemeinsam große Kunstlandschaften erstellt, bei denen es nicht nur um Kreativität ging, sondern auch Teamgeist gefordert war. So waren an der „Wiederauferstehung des Paradieses“ an die achtzig Kinder beteiligt.

Eine offene Gesellschaft entsteht durch Kreativität

Kreativität, ist Ursula Thiele-Zoll überzeugt, ist für eine offene Gesellschaft unverzichtbar. Deshalb mussten und müssen Kinder in der Jugendkunstschule nie stur nach Vorgaben malen oder Techniken lernen – sondern wollte Ursula Thiele-Zoll vor allem die Fähigkeit fördern, in sich hineinhorchen zu können und selbst zu entscheiden, wie man etwas malen oder gestalten will.

Die Stuttgarter Jugendkunstschule wurde Vorbild für viele Städte

Als Ursula Thiele-Zoll mit ihrem Mann Dietmar Thiele 1972 mit der Jugendkunstschule startete, waren die beiden selbst nicht so richtig überzeugt von der Idee. Die erste Jugendkunstschule in Baden-Württemberg wurde aber ein Erfolg – und zum Vorbild für die mehr als dreißig Einrichtungen, die es heute im Land gibt. Auch die Stuttgarter Jugendkunstschule wuchs stetig. 1975 wurde eine Werkstatt im Bürgerhaus Botnang eingerichtet, 1993 zog man ins Gustav-Siegle-Haus, und seit 2004 residiert Jukus in der Eberhardstraße.

Das Ruder haben die Eheleute inzwischen abgegeben

Inzwischen leitet Menja Stevenson die Jugendkunstschule. Die gebürtige Rottweilerin hat an der Stuttgarter Kunstakademie Kunsterziehung und Intermediales Gestalten studiert und vor zwei Jahren das Ruder übernommen. Beim Festakt wird Ursula Thiele-Zoll aber noch mal an die wechselvolle Geschichte erinnern und mit Dietmar Thiele Kunstspaziergänge durch die Ausstellung anbieten. Vom 30. April bis 15. Mai wird zur Ausstellung im Stadtpalais auch ein Rahmenprogramm angeboten – etwa ein Augmented-Reality-Workshop, Actionpainting zum Muttertag oder ein Trickfilmworkshop.