Bis Sonntag dauert die deutsche Meisterschaft im Kanin-Hop in der Rankbachhalle.

Kanin-Hop - „Es gibt einem viel zurück, und die Bindung zu den Kaninchen wird gestärkt. Sie werden viel zutraulicher.“ Die 24-jährige Tamara Werner aus der Nähe von Coburg betreibt seit mehreren Jahren mit ihren Tieren den Sport Kanin-Hop und ist eine der Teilnehmerinnen bei der deutschen Meisterschaft, die gerade in der Renninger Rankbachhalle ausgetragen wird. Dabei gibt es drei unterschiedliche Disziplinen, die eines gemeinsam haben: Die Kaninchen sollen möglichst fehlerfrei über nacheinander aufgestellte Hindernisse springen.

 

Am Freitag heißt die Disziplin „Gerade Bahn“, das heißt, die Hindernisse werden in einer langen Reihe hintereinander aufgestellt. Und während das Gros der tierischen Teilnehmer mümmelnd oder ausgestreckt in den Käfigen wartet, springen andere Artgenossen schon über die bunten Hindernisse. Nebenher laufen ihre Halter, die ihrem Tier anzeigen, wann und wo es springen soll. Die Leine muss dabei immer locker bleiben. Die Schiedsrichter passen genau auf: Fällt eine Hindernisstange herunter? Braucht ein Kaninchen die Hilfe von seinem Halter? All das fließt in die Bewertung ein.

„Man merkt schnell, ob ein Kaninchen daran Spaß hat“

„Ich habe vor etwa zehn Jahren mit meinen Kaninchen mit Agility angefangen, wie man es auch bei Hunden kennt“, erklärt Tamara Werner. Dann habe sie von der erweiterten Form Kanin-Hop erfahren und war gleich begeistert. Auch Lena Heindel (19) aus Zirndorf bei Fürth hat den Sport schon vor einiger Zeit für sich entdeckt. „Man merkt sehr schnell, ob ein Kaninchen daran Spaß hat oder nicht, man kann es ja nicht schubsen oder zwingen.“ Beim Training fange man mit ganz kleinen Hindernissen an, „da springen sie dann für gewöhnlich direkt selber drüber, oder man animiert sie mit einem Leckerli“. Dabei nutze man den natürlichen Bewegungsdrang des Tieres, ergänzt Tamara Werner. Wie weit das Interesse und die Lust am Training reicht, sei von Kaninchen zu Kaninchen unterschiedlich. „Es ist wie bei Menschen auch, da gibt es ja auch sportliche und weniger sportliche.“

Meisterschaft
Morgen, Samstag, ist noch die Disziplin „Freies Springen“, bei der die Tiere ohne menschliche Begleitung den Parcours ablaufen. Beginn ist um 8.30 Uhr. Am Sonntag, 9.30 Uhr, ist die Siegerehrung. Die Veranstaltung ist öffentlich, der Eintritt ist frei.

Wie tiergerecht ist Kanin-Hop?

Wie viele Tiersportarten ist auch Kanin-Hop nicht unumstritten. Tierschutzorganisationen kritisieren vor allem die Bedingungen bei Wettbewerben, bei denen die Kaninchen außerhalb ihrer natürlichen Umgebung in unnötige Stresssituationen gebracht werden. Auch die Verletzungsgefahr ist in diesem Zusammenhang ein Thema. Kai Sander vom Bundesverband der Rassekaninchenzüchter, Ausrichter der Kanin-Hop-Meisterschaft, argumentiert dagegen und verweist unter anderem auf die strengen Regularien in diesem Sport und bei den Turnieren.

Auf Körpersprache achten

„Jeder negative Umgang mit den Tieren, wie Ziehen an der Leine, wird sofort bestraft bis hin zur Disqualifikation“, so Sander. Schon beim Training in den Vereinen werde strikt darauf geachtet, den Haltern zu vermitteln, auf die Körpersprache ihrer Tiere zu achten, wann diese etwas möchten oder nicht. Ängstliche Tiere kämen gar nicht erst in eine Wettbewerbssituation. Tatsächlich wirken die Kaninchen in den Käfigen am Freitag entspannt, liegen lang ausgestreckt da oder fressen etwas von ihrem Heu. „Ein Kaninchen, das gestresst ist, kauert sich in der hintersten Ecke zusammen“, erklärt Sander. Vor jedem Turnier gebe es außerdem eine Klassenprüfung. „Wenn wir merken, ein Tier ist mit den Aufgaben überfordert, wird es gar nicht zugelassen. Unserer Verantwortung sind wir uns schon sehr bewusst.“

Vonseiten der Tierschützer sind das keine Argumente. „Kaninchen sind Fluchttiere und können unerwartet losrennen und einen Unterschlupf suchen, wenn sie Angst bekommen“, heißt es zum Beispiel vom Deutschen Tierschutzbund. „Geschirr und Leine können sie dann daran hindern, sich schnell zu verstecken.“ Dabei bestehe die Gefahr einer Verletzung. Auch eine Wettkampfatmosphäre – mit fremden Menschen, anderen Kaninchen, ungewohnter Umgebung und ungewohnten lauten Geräuschen – sorge für zu viel Stress. „Kanin-Hop-Befürworter glauben, dass sie mit ihren Tieren respektvoll umgehen und Kanin-Hop betreiben, um ihre Tiere sinnvoll und artgerecht zu beschäftigen“, sagt Franziska Tell vom Presseteam des Vereins „Kaninchenschutz“. „Doch Abwechslung kann man seinem Tier auf eine andere Weise bieten, die wirklich seinem Naturell entspricht.“

Lieber in gewohnter Umgebung

Nach Kai Sanders Erfahrung sind Kaninchen, die Kanin-Hop betreiben, sehr viel zufriedener als diejenigen, die nur in ihrem Gehege sitzen. „Die meisten Kaninchenkrankheiten gehen auf zu viel Essen und mangelnde Bewegung zurück.“ Gegen die zusätzliche Bewegung haben die Tierschützer auch nichts einzuwenden. Diese sollte aber im gewohnten Umfeld und ohne Leine und Geschirr stattfinden. „Besser ist es, den Tieren zu Hause genügend Auslauf und Platz zu bieten, damit sie sich nach Herzenslust bewegen können“, so der Tierschutzbund. Es spreche auch nichts dagegen, im Garten ein paar Hindernisse aufzustellen. „Dann können die Kaninchen je nach Lust und Laune selbst entscheiden, ob sie darüber springen möchten oder nicht.“

Was Kai Sander in der ganzen Diskussion vermisst, ist der Austausch untereinander. „Ich biete Kritikern immer an: Kommt doch beim Training oder bei einem Turnier vorbei und macht euch selbst ein Bild.“ Dann könne man vor Ort miteinander sprechen und vielleicht auch gegenseitig etwas voneinander lernen. Leider werde das kaum wahrgenommen.