Die Lage in den Kitas ist prekär. Die Initiative Kitastrophe Stuttgart hat deshalb diesen Freitagnachmittag zur Demo aufgerufen. Mehrere Hundert Teilnehmer sind dem Aufruf gefolgt.

Mit Trillerpfeifen, lila Luftballons und Dutzenden mit Transparenten bestückten Kinderwagen demonstrierten am Freitagnachmittag mehrere Hundert Eltern, Großeltern, Kinder und Erzieherinnen von Kindertagesstätten gegen den Kitanotstand in Stuttgart und der Region. Aufgerufen zu der Protestveranstaltung auf dem Marktplatz und einem anschließenden Zug durch die Innenstadt hatte die Initiative Kitastrophe Stuttgart.

 

Seit etwa April dieses Jahres setzt sich die Gruppierung aus Eltern und Erziehern lautstark für eine bessere Versorgung mit Kinderbetreuungsplätzen ein. Die 37-jährige Lena Conrad, Mutter von zwei Kindern im Alter von einem und vier Jahren und eine der Sprecherinnen der Initiative, betont, dass es der Gruppierung vor allem um Lösungsansätze gehe. Eine weitere Rednerin, die sich auf dem Marktplatz mit Ronja vorstellte, betonte im Rahmen der Kundgebung, „dass der Zugang zum Beruf der pädagogischen Fachkraft unbedingt vereinfacht und attraktiver werden muss“. Dies schließe insbesondere eine bessere Ausbildungsvergütung mit ein.

Zahl der Ausbildungsplätze muss erhöht werden

In diesem Zusammenhang verwiesen die Redner der Kundgebung auf die hohen Lebenshaltungskosten in Stuttgart, die für viele Erzieher und Erzieherinnen in Ausbildung nicht finanzierbar seien. Zudem müsste, nach Ansicht der Redner, die Zahl der Ausbildungsplätze sowie der betreffenden Berufsschullehrer dringend erhöht werden. „Dazu muss Geld in die Hand genommen werden“, sagte Conrad.

Die Eltern fordern zudem eine bezahlte Freistellung von Berufstätigen, wenn Kitas wegen Personalmangels geschlossen bleiben. „Deshalb müssen auch die Betriebe mit in die Pflicht genommen werden.“ Gleichzeitig sollten die Erzieherinnen und Erzieher in den Kindertageseinrichtungen entlastet werden. Die seit Kurzem mögliche Vergrößerung der Betreuungsgruppen zur Schaffung zusätzlicher Kitaplätze würde stattdessen das Personal weiter belasten. „Das ist kontraproduktiv“, betonte die pädagogische Fachkraft Jenny aus Stuttgart. Um nicht in Konflikt mit ihrem Arbeitgeber zu geraten, verzichteten die Redner teilweise auf die Nennung ihres Nachnamens.

Dem Berufsstand fehlt die Lobby

Wie die Initiative des Weiteren betont, fehle es bei den Kindertageseinrichtungen zudem an Personal für hauswirtschaftliche und administrative Tätigkeiten, um die Erzieher von fachfremden Aufgaben zu befreien. „Manche Erzieherinnen müssen in den Kitas den Winterdienst machen oder Wäsche waschen“, so Conrad. In der Not eingestellte fachfremde Erzieherinnen müssten nachqualifiziert werden. Eine Erzieherin, die sich Annika nannte, unterstrich, dass der Berufsstand bislang keine Lobby hatte. „Das ändert sich jetzt“, kündigte die Mitarbeiterin einer Kindertagesstätte an.

Zu der Demonstration am Freitag waren 250 Teilnehmer angemeldet, Schätzungen des Veranstalter zufolge kamen 1800 Menschen. Im Anschluss an die Kundgebung auf dem Marktplatz zog der Demonstrationszug aus Eltern, Kindern und Erzieherinnen durch die Innenstadt bis in den Oberen Schlossgarten. Im Vorfeld der Kundgebung hatte die Stadtverwaltung ihren Einrichtungen untersagt, für die Veranstaltung zu werben. Städtische und katholische Kitas durften weder Plakate aufhängen noch Flyer auslegen, um Eltern auf die Demonstration aufmerksam zu machen. Die zuständige Bürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) hatte zuvor erklärt, dass sie die Demonstration kritisch sehe, weil es das Image des Erzieherberufs und die Lage in den Kitas dramatisiere und nicht dazu beitrage, dass sich mehr Menschen für den Beruf entscheiden.