Die Fusion der Sportwagenschmiede mit VW zieht sich hin - wegen neuer Klagen gegen Porsche.

Wolfsburg/Stuttgart - Es dürfte eine der längsten und heftigsten Übernahmeschlachten in Deutschland gewesen sein. Und obwohl der Autokrimi um VW und Porsche bereits seit Mitte 2009 entschieden ist, ist er immer noch nicht zu Ende. Juristische Altlasten vereiteln die Pläne von Volkswagen zur Eingliederung der Sportwagenschmiede in den VW-Konzern. Dabei war nach dem langen und schmutzigen Machtkampf alles bis ins kleinste Detail festgelegt worden. Doch milliardenschwere Investorenklagen machen die ursprünglichen Pläne zunichte.

 

Investmentfonds klagen gegen Porsche

Am Wochenende wurde eine neue Klage bekannt. Mehrere Investmentfonds wollen Schadensersatzansprüche in Höhe von knapp zwei Milliarden Euro erstreiten. Ein Sprecher des Stuttgarter Landgericht bestätigte am Montag den Eingang einer Klage gegen Porsche. Die Kläger werfen dem Sportwagenbauer vor, er habe Investoren 2008 bei seinem später gescheiterten Übernahmeversuch von Volkswagen hinters Licht geführt und damit Transparenzvorschriften im Aktienrecht verletzt.

Die Porsche SE habe ihre Strategie zunächst verheimlicht und damit Kursturbulenzen verursacht. Mehrere andere Investorenklagen haben ähnliche Vorwürfe zum Inhalt. Im Zuge des dramatischen Übernahmekampfes war VW nach einem rasanten Auf und Ab seines Aktienkurses im Herbst 2008 kurzzeitig zum wertvollsten Unternehmen der Welt geworden.

Porsche wegen schwer durchschaubarer Börsengeschäfte in der Kritik

Porsche hatte sich mit schwer durchschaubaren Börsengeschäften den Zugriff auf gut 74 Prozent der VW-Stammaktien gesichert und damit einen Höhenflug der Papiere ausgelöst - am 28. Oktober erreichte der Kurs den Höchststand von 1005 Euro. Ausgelöst wurde die Kursexplosion durch misslungene Spekulationen auf sinkende Aktienkurse, sogenannte Leerverkäufe. Investoren erlitten zum Teil massive Verluste.

Porsche war bereits damals Vorwürfen der Manipulation entgegen getreten und hatte die Verantwortung für die Marktverwerfungen zurückgewiesen. Ebenso hält der Autobauer auch die Investorenklagen für unbegründet. Aber abgesehen davon, ob die Klagen angenommen werden und selbst wenn sie am Ende verworfen werden sollten - für Volkswagen ist das Risiko kaum kalkulierbar.

Juristische Auseinandersetzungen könnten sich jahrelang hinziehen

Die juristischen Auseinandersetzungen mit immer neuen Klagen könnten sich jahrelang hinziehen. Und damit wird die Eingliederung von Porsche zunehmend zur Hängepartie. In den USA und Deutschland liegen im Zusammenhang mit der Übernahme mehrere Klagen vor. Das Landgericht Braunschweig beschäftigt sich mit einem Verfahren, bei dem es um Forderungen auf knapp 1,1 Milliarden Schadenersatz geht.

Vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht wird seit kurzem eine Klage von Aktionären verhandelt, die der Meinung sind, dass die Hauptversammlung den Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2008/2009 zu Unrecht entlastet hat. Und die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ehemalige Porsche-Manager, wie Ex-Vorstandschef Wendelin Wiedeking. Wiedeking war vom Hof gejagt worden, nachdem VW das Ruder in Stuttgart-Zuffenhausen übernommen hatte.

Porsche hatte sich mit der VW-Übernahme verhoben

Porsche hatte sich mit der VW-Übernahme verhoben und 11,4 Milliarden Euro Schulden angehäuft. Aber mit seinen Finanztransaktionen, die den Deal finanzieren sollten, hinterlässt Wiedeking noch immer seine Spuren. Das reicht bis in die USA. Kläger dort sind verschiedene Fondsgesellschaften. Auf bundesstaatlicher Ebene wird darum gerungen, ob die US-Gerichte überhaupt zuständig sind. Dabei hat Porsche in erster Instanz gewonnen, die Gegenseite Berufung eingelegt.

Außerdem gibt es ein Verfahren in New York, wo es auch um Zuständigkeitsfragen geht. Dort gibt es noch keine Entscheidungen. Die für 2011 geplante Verschmelzung von VW und Porsche ist derweil geplatzt und mit ihr die mühsam ausformulierte „Grundlagenvereinbarung“. Stattdessen kam „Plan B“ ins Spiel: Danach könnte VW von 2013 an das reine Autogeschäft der Porsche AG kaufen - ohne beide Konzerne ganz zu verschmelzen. 49,9 Prozent hält VW bereits daran.

Der Kauf ist erst ab Mitte 2014 steuerfrei

Aber auch diese Variante dauert: Der Kauf ist erst ab Mitte 2014 steuerfrei. In der Praxis aber arbeiten beide schon eng zusammen. Führende Köpfe wurden ausgetauscht und an der Spitze der Stuttgarter Sportwagenschmiede haben schon längst die VW-Granden das letzte Wort. „Gehen Sie davon aus: Es wird gut werden“, sagte kürzlich auch VW-Chef Martin Winterkorn. Aber wann - das sagte er nicht.