Vor Gericht geht es wieder um ein Fristversäumnis bei Antje Groß. Sie war vor zwei Jahren fristlos entlassen worden. Sie sagt, das sei zu Unrecht geschehen.

Stuttgart - Das Landesarbeitsgericht hat sich am Dienstag erneut mit dem Klinikumskandal und einer damit verbundenen fristlosen Entlassung auseinandersetzen müssen. Die Stadt hatte Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil eingelegt, das die außerordentliche Kündigung der ehemaligen Direktorin für Finanzen und Controlling, Antje Groß, für unwirksam erklärte. Außerdem wurden neue Kündigungsgründe nachgeschoben; sie soll angeblich Klinikum-Interna preisgegeben haben. Die Entscheidung wird am 19. März verkündet.

 

Wie schon bei der Trennung von Ex-Klinikumchef Ralf-Michael Schmitz und der Entlassung des ehemaligen Leiters der für die Misswirtschaft verantwortlichen Internationalen Abteilung (IU), Andreas Braun, steht auch im Fall Groß die Frage im Raum, ob die Stadt die für eine fristlose Kündigung maßgebliche Zwei-Wochen-Frist nach Bekanntwerden relevanter Sachverhalte verstreichen lassen hat. In den bisherigen Verhandlungen erklärten die Arbeitsrichter, dies sei so, weil die Verwaltungsspitze nach Eingang eines Berichts des Rechnungsprüfungsamts (RPA) am 18. Dezember 2018 nicht sofort aktiv geworden sei. Darauf hatte die Kanzlei Menold Bezler die Stadt schon Anfang 2016 hingewiesen.

Gemeinderat war über Kündigungsfrist nicht informiert

Bei Schmitz hätte der Gemeinderat bis Ende Januar über eine Kündigung befinden müssen. Er wurde aber damals gar nicht informiert und akzeptierte später den goldenen Handschlag. Groß wurde wie Braun gar erst im Frühjahr 2017 fristlos entlassen. Ihrer Kündigung waren mehrere Berichterstattungen der mit der Aufarbeitung des Klinikskandals beauftragten Kanzlei BRP Renaud & Partner sowie des RPA vorausgegangen.

Groß’ Anwalt Stefan Nägele, der die Vorwürfe gegen seine Mandantin zurückweist oder zumindest nicht für kündigungsrelevant erachtet, wundert sich über Krankenhausbürgermeister Michael Föll (CDU). Er habe in Kenntnis der Kritik der Rechnungsprüfer zugelassen, dass sich die seit 22 Jahren im Klinikum arbeitende Chefcontrollerin im Herbst 2016 um die Nachfolge von Schmitz als Geschäftsführerin bewarb. Die Stadt ist weiter der Auffassung, der RPA-Bericht von 2015 habe keine Kündigungsgründe geliefert, außerdem hätten die Ermittler seinerzeit um vertrauliche Behandlung der Expertise gebeten. Erkenntnisse hätten sich erst im Laufe des Jahres 2016 ergeben.

Die Klägerin weist die Vorwürfe zurück

Die Klägerin wehrt sich nicht nur gegen die Kündigung, sondern weist auch die Vorwürfe der Haushaltsuntreue im Zusammenhang mit der Behandlung libyscher Flüchtlinge und einem Beraterprojekt mit Kuwait zurück. Groß hatte eine Zahlung von 832 000 Euro an die Libyer freigezeichnet, führt aber an, von ihrem Finanzchef und einer für die IU zuständigen Controllerin darum gebeten worden zu sein. Andreas Braun soll damals die Dringlichkeit der Zahlung besonders betont haben. Es habe deshalb seinerzeit keinen Grund für eine Extraprüfung gegeben, aus heutiger Sicht könne man das natürlich anders sehen.

Eine Auszahlung von 150 000 Euro für Essensgeld an die Libyer habe sie aber nicht unterzeichnet. Das behaupte nur ihr Finanzchef. Und zur Freigabe einer Überweisung von 750 000 Euro an den kuwaitischen Dienstleister Aryak sagte Groß, diese sei bereits von Brauns Mitarbeiterin sowie dem Ärztlichen Direktor Jürgen Graf unterzeichnet gewesen. Sie sei damals nur für Schmitz eingesprungen. Den kompletten Zahlungsplan inklusive der Dreiviertelmillion Euro hätten wenig später Schmitz und Graf abgesegnet. Auch ihr Mitgeschäftsführer Reinhard Schimandl hatte eine solche Überweisung genehmigt.