Wolkenkratzer sollten inspirieren und nicht deprimieren. Daran sollten Architekten in Zeiten knappen Wohnraums denken.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Stuttgart - Von wegen Frankfurt. In Jena wurde 1905 das erste deutsche Hochhaus gebaut und nicht in der hessischen Metropole, die sich wie keine andere hierzulande über den Wolkenkratzerbau definiert. Mainhattan eben, das aber auch von Stuttgart übertrumpft wird. Schließlich war der Tagblattturm nicht nur die Wiege der Stuttgarter Zeitung, sondern weltweit auch das erste Hochhaus, das 1928 in Sichtbetonbauweise fertiggestellt wurde. Der Architekt Ernst Otto Oßwald nannte das 61 Meter hohe Gebäude einen „Zweckbau“ und einen „nüchternen Koloss“. Wenn doch nur alle Stuttgarter Zweckbauten heute so aussehen würden wie der Tagblattturm mit seiner sachlichen Schönheit. Leider wurden nach dem Krieg in Stuttgart Hochhäuser gebaut, deren Architekten sich leider von der sowjetischen Plattenbauweise und vom Pariser Banlieue-Brutalismus haben inspirieren lassen, die am Rande Stuttgarts, im Süden wie im Norden, ganze Stadtbezirke prägen und dabei noch in den Schatten stellen.