Der Begriff „religiöses Mobbing“ verschweigt das eigentliche Problem: die Intoleranz eines rückständigen Islam, der nicht die Oberhand gewinnen darf, meint Politik-Redakteurin Katja Bauer.

Berlin - Es gibt Schlagzeilen, bei denen wird einem eiskalt. „Grundschülerin mit dem Tode bedroht, weil sie nicht an Allah glaubt“ ist so eine. Das Mädchen geht in die zweite Klasse einer Berliner Schule. Die Familie ist jüdisch. Die kindlichen Täter sind muslimisch, aber zum Zeitpunkt, da sie mit ihren Drohungen begannen, wussten sie noch nichts vom Glauben des Mädchens. Als sie dann davon wussten, legten sie noch einen Zahn zu.

 

Aggression mit ausschließlich muslimischem Überbau

Während in der Vergangenheit auf punktuelle Empörung rasches Verdrängen folgte, sieht es jetzt aus, als bestehe eine Chance, das Phänomen ehrlicher zu diskutieren. Zu lange wurde es kleingeredet. Im Mittelpunkt der Wahrnehmung steht derzeit muslimisch geprägter Antisemitismus. Und so kommt es vielleicht auch zu der neuen Vokabel „religiöses Mobbing“. In ihrer Schwammigkeit verbrämt sie ein Problem, indem sie etwas Wichtiges verschweigt: Es handelt sich um Aggression mit ausschließlich muslimischem Überbau. Sie ist die Folge eines Superioritätsgefühls, welches einem rückständigen Islamverständnis innewohnt, wie es auch hierzulande in einigen Moscheen gepredigt und in manchen Familien vermittelt wird. Zu diesem Verständnis gehört auch Antisemitismus und Intoleranz gegenüber Andersgläubigen und fortschrittlichen Muslimen, wie der Islamismusexperte Ahmad Mansour zu Recht betont.

Es geht nicht um Verständigung zwischen Religionen

Der Begriff „religiöses Mobbing“ birgt die Gefahr, dass nun eine falsche Richtung eingeschlagen wird – darauf weist schon die erste Initiative des Zentralrats der Muslime hin: Man will gerne Imame und Rabbiner in Schulen schicken, als handele es sich hier um einen interreligiösen Konflikt, der mit einem interreligiösen Dialog gelöst werden könnte. Aber hier geht es nicht um Verständigung zwischen Religionen, sondern um Grenzen, die eine freiheitliche Gesellschaft sich nicht nur geben, sondern auch verteidigen muss.

Kinder sind nicht von Geburt intolerant, sie werden dazu gemacht – und wenn dem so ist, dann brennt die Luft als Erstes dort, wo diese Kinder zusammenkommen: an den Schulen. Sie brennt schon lang. Zwölf Jahre ist der Brief alt, der die Rütli-Schule in Neukölln bekannt machte. Schon zwei Jahre zuvor hatte die Rektorin davon berichtet, dass eine Moschee Vordrucke verteilt, um die Mädchen vom Sportunterricht zu befreien, dass der Schwimmunterricht gleich ganz ausfällt, dass muslimische Jungs Mädchen unter Druck setzen, die kein Kopftuch tragen wollen, dass Eltern nicht ansprechbar sind, weil sie diesen Staat nicht als Autorität akzeptieren.

Zu viel hängt am Engagement Einzelner

Schon damals kompensierten junge Männer das Gefühl von Perspektivlosigkeit mit einem archaischen Weltbild. Und vielen Pädagogen diente die wohlfeile Diagnose des benachteiligten Jugendlichen als Ausrede, um gleich gar nichts zu tun. Die Jugendrichterin Kirsten Heisig dagegen zeigte bis zu ihrem Tod 2010, dass man ein ganzes Bündel an Maßnahmen zur Hand hätte, um dem Lebensweg dieser jungen Männer eine andere Richtung zu geben. Auch an vielen Schulen bemühen sich Lehrer, findet Aufklärung und Auseinandersetzung statt. Aber zu viel hängt am Engagement Einzelner.

Einem Phänomen kann man nicht mit Einzelmaßnahmen und auf keinen Fall mit Wegsehen begegnen. Wer Kinder aus diesen Verkrustungen lösen will, muss Ernst machen. Der braucht starke Pädagogen, die sich auf die Unterstützung eines starken Staates verlassen zu können, eine Mischung aus Bildungsangebot an die Kinder und Kontrolle der Eltern, aus Dialog und Verpflichtung. Das kostet viel Geld, verlangt Einigkeit und einen langen Atem. Die Alternative dazu mag man sich gar nicht ausmalen.

Vorschau Am kommenden Dienstag, 10. April, schreibt an dieser Stelle unsere Kolumnistin Sibylle Krause-Burger.