Die Apotheker sind unzufrieden. Mit einem Weiter-so der Politik ist weder ihnen noch den Patienten gedient, meint StZ-Wirtschaftsredakteur Andreas Schröder.

Nachrichtenzentrale: Andreas Schröder (sö)

Stuttgart - Das ist mal etwas ganz Neues. Die Apothekerschaft, in den vergangenen Jahrzehnten von der Politik in ihren Forderungen weitgehend unterstützt, geht auf die Barrikaden. Deutschlandweite Streiks, für unbestimmte Zeit geschlossene Apotheken, außer denen, die eine Notversorgung garantieren müssen – die Zunft droht zu Mitteln zu greifen, die man nur aus Branchen kennt, in denen es auch sonst handfester zugeht. Dass die Pharmazeuten den weißen Kittel ablegen und mit Trillerpfeifen und Transparenten durch die Straßen ziehen wollen, zeigt, wie unzufrieden sie mit der Politik in Berlin sind. Ausgerechnet ein FDP-Wirtschaftsminister bietet ihnen ein in Apothekeraugen unverschämt niedriges Honorarplus an, wo doch die Liberalen bisher meist zur Zufriedenheit der Zunft agiert haben.

 

Es ist zu bezweifeln, ob der Ärger der Apotheker berechtigt ist. Die Pharmazeuten erfüllen zwar eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe, weil die Medikamentensicherheit und damit die Versorgung der Patienten gewährleistet bleiben muss. Diese hohe Anforderung hat aber zu einem starren System der Medikamentenversorgung geführt, in dem jegliche Innovation unerwünscht ist und mit dem Generalargument „Patientenschutz“ beiseitegewischt wird. Dass es mancher Apotheker schwer hat, ist keine Frage, oft aber – und das geben altgediente Pharmazeuten selbst zu – tragen sie auch eine Mitschuld an ihren finanziellen Nöten, weil sie nie gelernt haben, auf ihrem gesetzlich geschützten Markt betriebswirtschaftlich richtig zu agieren.

Mit einem Weiter-so ist weder den Apothekern noch den Patienten gedient. Deshalb muss die Politik in den nächsten Jahren die Regeln für die Arzneiversorgung behutsam ändern. Daran führt alleine schon wegen des Kostendrucks im Gesundheitswesen kein Weg vorbei. Den Markt mit maßvoller Deregulierung im Interesse des Kunden und der Arzneimittelsicherheit zu öffnen und einen Preis- und Qualitätswettbewerb zuzulassen, kann auch den Apothekern helfen. Viele würden neue Konzepte ausprobieren, wenn es erlaubt wäre. So wird der Kostendruck beklagt, doch Veränderungen werden nur zaghaft angegangen. Pro Packung zehn Cent mehr oder weniger zu erhalten löst die strukturellen Probleme der Branche nicht.