Nokia setzt künftig allesauf die Karte Smartphone. Ulm und andere Standorte passen da nicht mehrins Konzept, meint StZ-Redakteur Alexander Günzler.

Stuttgart - Dass Nokia Mitarbeiter entlässt, hat sich in den vergangenen Jahren leider zur Regel entwickelt. Zu schlecht sind die Absatzentwicklungen und Geschäftszahlen, so dass sich die finnische Konzernspitze immer wieder genötigt sah, den Rotstift im Personalbereich anzusetzen. Nun hat es auch den Standort Ulm erwischt, 730 Mitarbeiter müssen bis Ende September gehen. Dies ist auf den ersten Blick insofern verwunderlich, als dass in der Stadt an der Donau Forschung und Entwicklung von Nokia angesiedelt sind. Wer am Markt punkten wolle, müsse doch neue Produkte entwickeln, beklagte der Ulmer Oberbürgermeister Ivo Gönner nach Bekanntwerden der Schließungspläne.

 

Nokia muss punkten, so viel ist klar. Das Problem von Ulm und anderen Nokia-Standorten vor dem Aus ist aber, dass sie hauptsächlich für einen Bereich geforscht und entwickelt haben, den der angeschlagene Handyriese zunehmend als Auslaufmodell betrachtet. Die Rede ist von sogenannten Einsteigerhandys, die das Unternehmen vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern oder auf dem Prepaid-Markt verkauft. Lange Zeit hatte Nokia mit diesem Geschäft glänzend verdient, Anfang des Monats sogar noch drei neue Geräte seines Einsteigermodells Asha vorgestellt.

Fokus auf der Marke Lumia

Nun erfolgt die Abkehr. Ortsbezogene Dienste, woran etwa am Berliner Nokia-Standort geforscht wird, sollen neben digitaler Fotografie und mobiler Navigation ein zukünftiger Schwerpunkt der Finnen werden, heißt es nun. Nokia-Chef Stephen Elop plant, den Fokus auf die neuen Smartphones der Marke Lumia und verwandte Angebote in Kombination mit dem Microsoft-Betriebssystem Windows Phone zu legen. Nokia will künftig im Smartphone-Bereich punkten und nicht mehr im Einsteigermarkt.

Die Finnen setzen damit zusehends alles auf eine Karte und hoffen so den Rückstand zu Apple und Samsung beziehungsweise Google verringern zu können. Experten trauen dies den Produkten der Nokia-Microsoft-Allianz durchaus zu. Die neuen Lumia-Geräte und Windows Phone werden allseits gelobt. Die Kundschaft zu überzeugen ist jedoch etwas anderes und benötigt Zeit. Denn Nokia hat auf dem hochinnovativen Smartphone-Markt in den vergangenen Jahren viel verschlafen und gilt bei vielen im Gegensatz zu Apple oder Samsung als Marke von gestern. Ulm und andere Standorte passen mit ihren Schwerpunkten von gestern da nicht mehr ins Renaissancekonzept der Finnen.