Der FC Bayern als Uli Hoeneß’ „Lebenswerk“ soll nicht noch größeren Schaden nehmen. Deshalb tritt Hoeneß die Flucht nach vorne an, kommentiert Mirko Weber. Wahrscheinlich weiß nur Hoeneß selbst, was noch ans Tageslicht kommen könnte.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

München - Es war, das hat Uli Hoeneß im Münchner Landgericht während der vier Verhandlungstage schnell gemerkt, nichts mehr zu gewinnen für ihn in seinem Fall. Verurteilt schließlich wurde er – das hat der Vorsitzende Richter Rupert Heindl sehr deutlich gemacht – als Ulrich H. und normaler Bürger, der sich massiv gegen die deutsche Steuergesetzgebung vergangen hat, nicht als heiliger Uli des FC Bayern.

 

Heindl hat in einem schwierigen, sehr kurzen Verfahren dennoch fair einbezogen, dass Hoeneß unbestreitbare Verdienste hatte. Tiefer gehende Fragen allerdings wurden nicht erörtert, zum Beispiel ganz und gar nicht, woher Hoeneß‘ „Spielgeld“ bekam, und wem es nutzte, dass er es via Adidas, dem späteren Anteilseigener der FC Bayern AG, erhielt. Derart erweitert, wäre das dann aber auch ein anderer Prozess geworden.

Über Nacht, im Austausch mit engsten Angehörigen, vor allem aber wohl im Selbstgespräch, ist der klassische Bauchentscheider Uli Hoeneß zu der Einsicht gekommen, dass er sich in den letzten gut zehn Jahren vor allem selbst (und öffentlich offensiv vertretene Überzeugungen) verraten hat. Wenn er demnächst – vorbehaltlich einer immer noch möglichen Revision durch die Staatsanwaltschaft – seine Haftstrafe antritt, die er nach einem Jahr vermutlich als Freigänger abbüßen kann, ist dies auch ein Versuch, ein wenig Format zurückzugewinnen.

Lückenfüller gesucht

Die Absichtserklärung verdient Respekt. Schwer auszumachen ist vorerst, ob Hoeneß über den Anstand hinaus, den er sich meint schuldig zu sein (es ist ein bisschen viel davon die Rede in der Presseerklärung), nicht auch Befürchtungen hegt, es könne im Umfeld einer weiteren Verhandlung noch mehr unliebsame Details über seine Finanztransaktionen in die Öffentlichkeit gelangen. Der FC Bayern, das viel apostrophierte „Lebenswerk“, soll nun jedenfalls nicht auch noch größeren Schaden nehmen.

Als Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender tritt Hoeneß im Rahmen seiner Flucht nach vorne zurück. Nachdem für den Posten des Aufsichtsratschefs mit Adidas-Chef Herbert Hainer ein Nachfolger gefunden wurde, ist der FC Bayern für das Präsidentenamt auf der Suche nach einem Lückenfüller. In der exklusiven Variante könnte das interimsmäßig auf Franz Beckenbauer hinauslaufen, aber auch andere Modelle mit Bayern-Exgrößen sind denkbar – so könnte etwa Ex-Finanzvorstand Karl Hopfner dieses Amt bekleiden.

Auf gute (Geschäfts-)Freunde kommt es gerade stark an beim FC Bayern.