Beim Kostümverkauf der Staatstheater Stuttgart tummelten sich diesen Samstag zahlreiche Faschingsenthusiasten. Doch auch Second-Hand-Fans verließen das Lager mit vollen Taschen.

Ein schwarzes Samtkleid mit Ledereinsätzen und bunten Pailletten, dazu ein Haarreif mit Hörnern so lang wie ein Unterarm und einem zartweißen Schleier. Marina steht am Samstag mit ihren Fundstücken am Rande des Kostümverkaufs der Staattheater Stuttgart in deren Zentrallager an der Zuckerfabrik. „Wir kaufen hier für den Karneval in Köln ein“, verrät die Stuttgarterin.

 

Einige Einkäufe haben sie und ihre Freunde schon im Auto verstaut, darunter ein pinkfarbenes Oberteil, knielang, mit Ledereinsatz. „So ein so tolles Teil“, schwärmt die Liebhaberin von textilen Kunstwerken. Für den Karneval decke sich die kleine Gruppe hier jedes Jahr mit außergewöhnlichen Teilen ein. „Man fällt mit den Sachen von hier schon auf und wird oft auf die tollen Kostüme angesprochen“, berichtet sie weiter, während sie eine knallgelbe Brille aus Stoff begutachtet.

Dass die Kleidungsstücke, die beim monatlichen Kostümverkauf der Stuttgarter Staatstheater den Besitzer wechseln, etwas ganz Besonderes sind, sehen auch die vielen anderen Besucher am Samstag so. Schon eine halbe Stunde bevor sich um zehn Uhr die Türen öffnen, hat sich eine Schlange vor dem Lager gebildet. „Das ist traditionell schon so, dass der Verkauf vor Fasching der stärkste ist“, so Christoph Kolossa, ein Sprecher der Staatstheater Stuttgart.

Stücke aus Don Juan und Pinocchio

Verkauft werden die Kleidungsstücke aus dem Kostümfundus, der in der Summe zwei Kilometer gefüllte Kleiderstangen beherbergt, die keinen Einsatz auf der Bühne mehr haben. „Das sind Sachen von Produktionen, die abgespielt sind oder nicht mehr geändert werden können“, so Kolossa weiter. Zum Verkauf stehen am Samstag beispielsweise Stücke aus Produktionen wie Don Juan und Pinocchio. In den Regalen türmen sich bunte Hüte, Kopfbedeckungen mit meterhohem Drahtgestell, knallbunte Corsagenkleider und jede Menge Hosen, Kleider, Mäntel und Oberteile. „Das hier ist wie der Besuch einer Kunstausstellung. Die Kleidungsstücke sind oft wie Bilder, die man tragen kann“, so eine Besucherin, die stolz ihre Einkäufe zeigt.

Ein BH mit aufgenähten Brüsten, ein Mantel mit Händen und eine Kopfbedeckung aus Holzstiften hat es bisher in die Arme der Frau und ihrer Begleiterinnen geschafft. Sie freuen sich vor allem über die Stoffe, die Qualität und die Kreativität der Kleidungsstücke, die hier zu einem günstigen Preis verkauft werden, wie sie weiter ausführen.

Neben extravaganten Kostümen wechseln am Samstag aber auch zahlreiche Alltagskleidungsstücke den Besitzer: „Wir kaufen die meisten unserer Klamotten Second Hand und kommen deshalb zu jedem Kostümverkauf“, erzählt Julie die die Arme bereits voll mit verschiedenen textilen Schätzen hat. Zwei Mäntel und ein Kleid möchte sie heute mit nach Hause nehmen.

Theaterschaffende sind in den Hallen unterwegs

Ihr Freund Adrian hatte bisher nicht so viele Glück er hat nur eine olivgrüne Hose gefunden. „Aber es ist einfach toll hier. Die verwendeten Materialen sind so gut“, schwärmt er, während er auf die Lederknöpfe eines Mantels zeigt, um seine These zu bekräftigen. Währenddessen trägt Michael Kraus zwei große Puppen aus dem Verkaufsraum. „Ich bin Bühnenbildner und nehme die und viele Kleidungsstücke als Basis für unsere Produktionen“, erzählt er. Eine eigene Schneiderei habe das Theater, an dem er arbeite, nämlich nicht.

Auch andere Theaterschaffende sind am Tag in den übervollen Hallen des Zentrallagers unterwegs. So wie die französische Theater-AG des Heinrich-Heine-Gymnasiums, die für ihr Stück Antigone einkauft: „In solch hochwertigen Kostümen kann man sich einfach besser in die Rolle hineinversetzen“, erklärt ein Schüler strahlend. Neben den vielen Kleidern werden am Samstag auch erstmalig Möbel aus dem Zentrallager der Staatstheater verkauft. Stühle, Büffets, Tische und Kommoden stehen in den Regalen und sorgen für begeisterte Besucher.

„Die Preise sind wirklich der Hammer, aber ich weiß leider nicht, wo ich sowas hinstellen soll“, so eine junge Mutter aus Böblingen, die einem Buffet-Schrank betrachtet. Am Ende kauft sie das Möbelstück dann zwar doch nicht, „aber wer weiß, ob ich das nächste Mal nicht schwach werde“, sagt sie mit einem Augenzwinkern, bevor sie die Verkaufsräume wieder verlässt.