Bundesländer und Krankenhausgesellschaft bemängeln zu viele Fehler im neuen Vergleichsportal. Das Bundesgesundheitsministerium hält dagegen: Die Daten seien korrekt.

Berliner Büro: Norbert Wallet (nwa)

Bereits die Absicht von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), ein Portal ins Netz zu stellen, das die deutschen Krankenhäuser nach Kriterien wie Fallzahlen pro Krankheitsbild, Pflege-Ausstattung, zertifizierten Qualifikationen und Notfallversorgung – später auch Behandlungserfolge und Komplikationen – vergleichbar macht, hatte erbitterten Widerstand ausgelöst. Er kam vor allem von den Bundesländern.

 

Dem Protest lag vor allem eine große Befürchtung zugrunde: Wenn ersichtlich wird, wie erfahren und mehr oder eben weniger erfolgreich Kliniken je Eingriff unterwegs sind, könnte das zu einer erheblichen Umlenkung von Patientenströmen führen. Im Ergebnis könnte manche Klinik so viele Patienten verlieren, dass sie sich nicht länger behaupten könnte – und das alles, bevor die große Krankenhausreform umgesetzt worden wäre.

An der Heftigkeit des Streits hat sich nichts geändert

Nun ist das Portal seit Mitte Mai online – und an der Heftigkeit des Streits hat sich nichts geändert. Im Gegenteil, er spitzt sich gerade wieder zu. Die schleswig-holsteinische Gesundheitsministerin und Vorsitzende der ständigen Konferenz der Länder- Fachminister (GMK), Kerstin von der Decken (CDU), hat sich schriftlich an den Bundesminister gewandt. In dem Schreiben, das unserer Zeitung vorliegt, wird „eine Vielzahl von teils gravierenden Fehlern“ angeprangert. Die Einschätzung basiert auf einer Befragung der Krankenhäuser in Schleswig-Holstein. Von der Decken fügt an, dass diese Sicht „aus anderen Bundesländern“ bestätigt werde.

Auch Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) sagte unserer Zeitung, die Länderminister hätten Lauterbach gewarnt, dass der Atlas „bei der Bevölkerung in dieser Form und insbesondere ohne eine gesicherte Datengrundlage für große Verwirrung und Verunsicherung sorgen wird“. Dies habe sich jetzt „leider bestätigt“.

Nach Mitteilung der Deutschen Krankenhausgesellschaft hat eine Blitzumfrage ergeben, dass „vier von fünf Kliniken“ im Klinikatlas mit falschen Daten aufgeführt würden. Als häufigsten Fehler hätten die Krankenhäuser „falsche oder fehlende Daten zu Fallzahlen, Bettenzahlen und Notfallstufen“ genannt.

Ministerium betont Korrektheit der Daten

Das Bundesgesundheitsministerium sagte unserer Zeitung, der Bundes-Klinik-Atlas sei „ein lernendes System“. Er werde ständig weiterentwickelt und aktualisiert. Basis dafür seien Hinweise aus der Praxis, die auch konkret über ein Kontaktformular eingegeben und verarbeitet werden können. Insofern sei „die Kritik sogar willkommen“. Die Daten würden regelmäßig besser. So habe ein erstes Update am 24. Mai „Angaben zu den Fachabteilungen und den Notfallstufen präzisiert sowie die Suchfunktion nutzerfreundlicher gemacht“, sagte ein Sprecher. Generell gelte aber: „Die Daten im Klinik-Atlas sind korrekt.“ Allerdings könne der Atlas nur so gut sein wie die zugrunde liegenden Angaben der Kliniken.

Um kurzfristig Abhilfe zu schaffen, seien „gezielt Krankenhäuser angeschrieben“ worden, „von denen bekannt ist, dass sie in der Zwischenzeit eine andere Notfallstufe haben. Die Rückmeldungen werden spätestens Anfang der kommenden Woche eingepflegt.“ Das Ministerium tritt auch der Kritik entgegen, dass die Fallzahlen nicht stimmen würden. Der Vorwurf sei falsch. Datengrundlage für die Fallzahlen seien die Abrechnungsdaten der Krankenhäuser. „Diese Daten werden vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) systematisch validiert und bieten damit die bestmögliche Methode, um das Fallgeschehen in Krankenhäusern auszuweisen“, sagte der Sprecher.

Länderminister bleiben verärgert

Auch die angegebenen Bettenzahlen seien korrekt. „Die angegebenen Betten sind die von den Krankenhäusern übermittelten Betten für den Entgeltbereich „DRG“. Die Krankenhäuser haben die im Durchschnitt des Jahres belegbaren Betten für stationäre Behandlung zu übermitteln. Weder Planzahlen noch Angaben aus den Qualitätsberichten seien eine geeignetere Grundlage, „da sie den Ist-Zustand in den Krankenhäusern nicht annähernd so gut abbilden können“.

Die Länderminister sind dennoch verärgert. Kerstin von der Decken schließt ihr Schreiben mit einer handfesten Forderung: „Sollten die Fehler nicht unverzüglich behoben werden können, fordere ich Sie, Herr Bundesminister, ... auf, den Bundes-Klinik-Atlas umgehend abzuschalten, bis eine Fehlleitung der Patientinnen und Patienten ausgeschlossen werden kann.“