Der Arbeitsmarkt 2018 war von Rekorden geprägt – auch hierzulande.

Kreis Böblingen/Enzkreis - Von einem echten Mangel an Fachkräften möchte er noch nicht sprechen, sagt Martin Fiedler, der Geschäftsführer des weltweit führenden Dosierpumpenherstellers Lewa in Leonberg im Gespräch mit unserer Zeitung. „Die Einstellung von Fachpersonal ist für unseren Personalbereich zunehmend herausfordernd“, erklärt er jedoch. Vor allem bei technischen Spezialisten wie Ingenieuren und IT-Fachleuten werde die Nachwuchsrekrutierung immer schwieriger.

 

Was Unternehmen wie Lewa täglich spüren, das bestätigen jetzt die Arbeitsagenturen in ihren Rückblicken auf das vergangene Jahr 2018. Der Arbeitsmarkt 2018 sei von Rekorden geprägt gewesen, sagt Susanne Koch, die Chefin der Arbeitsagentur Stuttgart, die auch für den Kreis Böblingen zuständig ist. 181 261 Menschen waren Ende Dezember als sozialversicherungspflichtige Beschäftigte im Kreis Böblingen gemeldet. Das sind 2,4 Prozent mehr als vor einem Jahr. „Noch nie war die Arbeitslosigkeit seit der Wiedervereinigung Deutschlands auf einem so niedrigen Niveau“, berichtet sie.

Niedrigster Wert in der Region Stuttgart

Die Zahl der Arbeitslosen ist im Kreis Böblingen – trotz des Winters – weiter gesunken. Mit einer Quote von 2,6 Prozent verzeichnet Böblingen den niedrigsten Wert in der Region Stuttgart und liegt damit auch deutlich unter dem Landeswert für Baden-Württemberg mit 3,0 Prozent. Noch weniger Arbeitslose gibt es im Enzkreis, wo die Quote lediglich 2,2 Prozent beträgt. Hinter Biberach (1,9 Prozent), Rottweil (2,0 Prozent) und dem Alb-Donau-Kreis (2,1 Prozent) belegt der Enzkreis, gemeinsam mit dem Hohenlohekreis, Platz vier im Südwesten. Auch im Vergleich zu den Zahlen vor Jahresfrist registriert man bei den Arbeitsagenturen eine Verringerung: Im Kreis Böblingen waren im Vorjahr 5756 Personen arbeitslos gemeldet, nun sind es 144 Frauen und Männer weniger. Im Enzkreis ist die Quote von 2,3 auf 2,2 Prozent gesunken, dort sind momentan 2443 Männer und Frauen arbeitslos gemeldet – auch hier der niedrigste Dezemberwert seit 25 Jahren. „Wir können auf ein sehr gutes Jahr 2018 zurückblicken“, sagt daher auch Martina Lehmann, die Geschäftsführerin der für den Enzkreis zuständigen Arbeitsagentur Nagold-Pforzheim. „Zum Ende des Jahres präsentiert sich der Arbeitsmarkt im Nordschwarzwald ebenfalls in einer guten Verfassung.“

Lehmann erkennt auch die Kehrseite dieser guten Lage. „Für die Unternehmen wird es immer schwieriger, qualifizierte Fachkräfte zu finden“, sagt sie. „Unsere individuellen Beratungs- und Qualifizierungsangebote gewinnen daher sowohl für Arbeitsuchende als auch für Unternehmen immer mehr an Bedeutung.“

Mehr Wertschätzung fürs Handwerk

Nicht nur die Arbeitsagenturen, auch die Unternehmen selbst suchen nach neuen Wegen, an Nachwuchs zu gelangen. „Man muss sich schon bemühen und als Firma attraktiv sein“, sagt zum Beispiel Otto Ruppert, einer der beiden Chefs des Merklinger Bad- und Heizungsbauers Ruppert. Er nennt Kooperationen, die der Handwerksbetrieb mit Schulen unterhält. „Mir persönlich ist aber auch wichtig, dass wir als Gesellschaft dem Handwerk wieder mehr Wertschätzung zuerkennen.“ Gerade in seinem Bereich, dem Heizungsbau, seien gute Mitarbeiter wichtig. „Wir brauchen Leute, die nicht nur Hand- sondern auch Kopfarbeiter sind“, erklärt der Ingenieur. Einen Azubi stellt Ruppert jedes Jahr ein – denn Ausbildung sei für ihn die einzige Chance, an gute Leute zu kommen.

Das hat man auch bei Lewa schon längst erkannt, wo bereits seit vielen Jahren nicht zuletzt dank des ehemaligen Ausbildungsleiters Erich Lexa großer Wert darauf gelegt wird, den Nachwuchs selbst heranzuziehen. „Wir haben eine große eigene Lehrwerkstatt“, berichtet der Chef Martin Fiedler. Zwar könne Lewa den eigenen Bedarf derzeit noch decken. Aber: „Die Zahl geeigneter Bewerber für technisch anspruchsvolle Ausbildungsplätze, wie etwa den Mechatroniker, ist rückläufig“, sagt Fiedler.

Konkurrenzsituation

Noch größere Probleme hat der öffentliche Dienst, der mit den Löhnen der Wirtschaft nicht mithalten kann, zum Beispiel der Klinikverbund Südwest, zu dem auch das Leonberger Krankenhaus gehört. „Bei medizinfernen Bereichen wie der Hygiene, der Reinigung oder der Gastronomie spüren wir die Konkurrenzsituation“, sagt Klinikpressesprecher Ingo Matheus. Als Beispiel nennt er den Bereich IT, der auch im Krankenhaus immer wichtiger wird. „Es ist nicht einfach, da geeignete Spezialisten zu finden.“

Das bestätigen die Zahlen der Arbeitsagentur. Nur 0,6 Prozent betrug die Arbeitslosenquote im Dezember bei Informatikern und Naturwissenschaftlern. Am höchsten war die Quote mit 2,9 Prozent im Bereich Verkehr, Logistik, Schutz und Sicherheit, gefolgt vom Bereich Land-, Forst-, Tierwirtschaft und Gartenbau. Besonders stark hätten Ausländer von der guten Konjunktur profitiert, sagt Susanne Koch von der Arbeitsagentur Stuttgart. 9,2 Prozent weniger arbeitslose Ausländer als im Jahr zuvor verzeichnete die Agentur Ende Dezember.