Mehrere Radfahrer und Jogger sind in den letzten Tagen von Bussarden attackiert worden. Die Tiere haben Angst um ihre Brut, die gerade aufwächst. Wer sich richtig verhält, kann den Angriffen entgehen.

Kreis Ludwigsburg - Thilo Kälber würde sich nicht als obersten Greifvogeljäger im Landkreis Ludwigsburg bezeichnen. Einen ganz bestimmten Mäusebussard versucht der Hauptamtsleiter der Gemeinde Löchgau aber seit Jahren einzufangen. Es könnten auch mehrere sein, das weiß er nicht so genau. Die Greifvögel attackieren auf der Straße zwischen Löchgau und Freudental immer mal wieder Radfahrer oder Jogger. Bisweilen sind die Tiere für längere Zeit unauffällig, dann greifen sie wieder an – wie vor gut einer Woche. Allein hat Löchgau dieses Problem nicht. Meldungen von Greifvogelattacken gab es in den letzten Tagen auch aus Ditzingen und Bietigheim-Bissingen. Es ist Brutzeit, und die Tiere verteidigen ihre Nester.

 

In Löchgau hat man viel versucht, um den Bussarden Herr zu werden – stets vergeblich. 2008 kam sogar ein Experte vom Vogelzentrum Mössingen (Kreis Tübingen) und wollte sie mit einem ausgestopften Adler oder einem lebenden Uhu als Lockmittel einfangen. Beides schlug fehl. Mittlerweile hat die Verwaltung aufgegeben. Hinweisschilder warnen nun zwischen Löchgau und Freudental am Waldrand vor der möglichen Gefahr und empfehlen Radfahrern, eine andere Route zu nehmen. „In der Natur gibt es immer ein gewisses Restrisiko. Genauso könnte plötzlich eine Wildschweinherde über die Straße rennen“, sagt Thilo Kälber.

In der Tat ist die Angriffslustigkeit während der Brutzeit in der Region vor allem bei Bussarden und Habichten normal. Auf Thilo Kälbers Schreibtisch liegen zum Beispiel Berichte über Greifvogelangriffe bei Heilbronn oder Bad Urach. Dann gab es die beiden Attacken bei Bietigheim-Bissingen und Ditzingen. Dabei haben die Tiere keine bösen Absichten, sie fühlen sich selbst bedroht. Sie empfinden Menschen, die ihrem Nest zu nahe kommen, als Gefahr für ihren Nachwuchs. „Das ist eine Abwehrreaktion, die wollen nur Ruhe an ihrem Horst haben“, sagt denn auch Christine Fabricius von der baden-württembergischen Landeszentrale des Naturschutzverbands BUND.

Abwehrreaktion bedeutet auch, dass die Tiere die Menschen nicht treffen, sondern nur vertreiben wollen. In der Regel flögen sie im Sturzflug an und würden kurz vor der Person abdrehen, sagt Christine Fabricius. Bisweilen schössen sie aber über das Ziel hinaus und würden Radfahrer oder Jogger mit den Krallen streifen. Von schweren Verletzungen durch einen Angriff hat die Naturschutzexpertin noch nicht gehört. Thilo Kälber kann das bestätigen. Ein paar Beulen oder ein Kratzer am Fahrradhelm, mehr sei in Löchgau noch nicht passiert. „Wir haben mehr Angst davor, dass sich ein Fahrradfahrer durch einen Angriff erschrickt, umfällt, und dann unter die Räder eines Autos kommt“, sagt er.

Die meisten Abwehrattacken gelten Joggern oder Radfahrern, die sich Nestern schnell nähern. Es sind nicht die Menschen selbst, die Bussarde oder Habichte als Gefahr wahrnehmen, sondern deren Tempo. „Die Geschwindigkeit erleben die Vögel selbst als Attacke und setzen sich dagegen zur Wehr“, sagt Christine Fabricius.

Jogger könnten einen Greifvogelangriff deshalb unter Umständen dadurch abwehren, dass sie ruhig blieben und sich langsam entfernen, erklärt Christine Fabricius. Zur Sicherheit könnten die Läufer auch zur Ablenkung einen Stock oder Ast über sich halten. Radfahrer seien durch ihre Geschwindigkeit dagegen zügig wieder außerhalb der Gefahrenzone. Ganz sicher sei aber nur das, was die Gemeinde Löchgau empfiehlt: die Nistplätze der Vögel in weiter Entfernung zu umgehen.