Die Städte haben das Fachwerk wiederentdeckt. Auf der Deutschen Fachwerkstraße liegen auch fünf Orte aus dem Landkreis.

Ludwigsburg - Markgröningen hat es. Besigheim und Großbottwar haben es auch. Die Rede ist jeweils von einem Rathaus im Stil des oberdeutschen Fachwerks, Farbton: „Ochsenblutrot“. Die drei Gebäude gelten als die schönsten Rathäuser im Landkreis und stammen teilweise aus dem 15. Jahrhundert – eine historische Optik, auf die die Städte stolz sind und die sie auch gerne präsentieren.

 

Dass Fachwerk mittlerweile einen hohen Stellenwert für den Tourismus hat, zeigt auch die Deutsche Fachwerkstraße (siehe Seite 2). Im kommenden Jahr wird sie 25 Jahre alt. Fünf Städte im Landkreis sind Mitglieder der Ferienstraße, als bislang letzte Kommune wurde 2013 Bönnigheim aufgenommen. „Es war schnell klar: Bönnigheim gehört zu uns“, schreibt der Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte, Manfred Gerner, in seiner Begründung. Der Bönnigheimer Bürgermeister Kornelius Bamberger kann nachlegen: „Bei mehr als dreißig sehenswerten Fachwerkhäusern war die Entscheidung unstrittig“, sagt er und nennt den Kavaliersbau, die Alte Farbkammer und den Köllesturm als besondere Ortsmarken. Die Einwohner seien stolz auf ihre Altstadt, „und das kommt auch den Geschäften in der Innenstadt zu Gute“, sagt er.

Fachwerk als Konsumspritze

Die historischen Kulissen beleben aber vor allem den Tourismus. Für Vaihingen/Enz, das ebenfalls an der Fachwerkstraße liegt, berichtet die Sprecherin Martina Fischer von Zuwächsen bei den Übernachtungen im zweistelligen Bereich. So seien im Jahr 2012 knapp 22 000 Gäste in die Große Kreisstadt gekommen. „Der Tagestourismus hat Vaihingen entdeckt“, sagt sie. Natürlich sei das nicht allein aufs Fachwerk zurückzuführen. Das Team der Tourismusgemeinschaft 3B, zu der die Städte Besigheim, Bönnigheim und Bietigheim-Bissingen gehören, hat im vergangenen Jahr Besucher befragt. Dabei zeigte sich, dass das Erscheinungsbild der historischen Altstadt den Gästen genauso wichtig ist wie die örtliche Gastronomie oder eine anständige Beschilderung. Die Tourismusgemeinschaft zählte 2013 insgesamt mehr als 1100 Führungen in den drei Städten, knapp 22 000 Besucher nahmen daran teil. Während Besigheim mit seinem Rathaus und dem von 1486 bis 1501 erbauten Dreigiebelhaus in der Broschüre der Fachwerkstraße punkten will, versucht es Bietigheim-Bissingen mit dem Hornmoldhaus und den Fachwerkhäusern der Schieringer Straße.

Fachwerk verpflichtet

„Die Deutsche Fachwerkstraße ist für uns ein Qualitätssiegel und eine Auszeichnung dafür, dass die Sanierungsbemühungen der letzten 40 Jahre richtig waren“, sagt Jürgen Kessing, der Oberbürgermeister von Bietigheim-Bissingen. Sanierungen, die nicht billig waren. Mit der Aufnahme in die Deutsche Fachwerkstraße geht auch die Verpflichtung einher, das Fachwerk im Ort zu pflegen. Während finanzstarke Kommunen wie Bietigheim-Bissingen damit keine Probleme haben, muss Bönnigheim schon genauer rechnen. „Das ist nicht ganz einfach“, sagt der Bürgermeister Bamberger. Die Stadt versucht nun, für die geplante Renovierung des Kavaliersbaus Zuschüsse aus dem Landessanierungsprogramm zu bekommen.

Die Liebe der Städte zum Fachwerk war nicht immer so innig. Vor allem die hohen Sanierungskosten ließen viele Gemeinden in der Vergangenheit zurückschrecken. Und in Zeiten von Holzöfen waren die Häuser stark brandgefährdet. Ein besonders eklatantes Beispiel ist der große Brand in Vaihingen im Jahr 1693, den innerhalb der Stadtmauern nur etwa 20 Gebäude unbeschadet überstanden. Herzog Karl Eugen erließ dann im Jahre 1752 eine Landesfeuerordnung für Württemberg, die unter anderem vorschrieb, dass Fachwerkhäuser verputzt werden müssen. Es sollte mehr als 200 Jahre dauern, ehe das Fachwerk eine Renaissance erleben durfte.

2800 Kilometer Wohngeschichte

Strecke
Die Deutsche Fachwerkstraße verläuft von der Elbe bis zum Bodensee und ist in sechs Regionalstrecken unterteilt. Eine davon führt vom Neckar entweder in den den Schwarzwald oder an den Bodensee und dabei auch durch Bönnigheim, Besigheim, Bietigheim-Bissingen, Vaihingen/Enz und Markgröningen.

Mitglieder
99 Orte in Deutschland gehören zur Fachwerkstraße. Die Kulturstraße ist ein Projekt des Vereins Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte. Ziel ist es, den Tourismus zu stärken und das Fachwerk zu erhalten. Zielgruppen sind Radfahrer, Wanderer, Motorradfahrer und Familien.

Jubiläum
Der erste Abschnitt wurde 1990 eröffnet und führte vom niedersächsischen Münden im Weserbergland nach Alsfeld am Vogelberg in Hessen. Auf den verschiedenen Teilstrecken können Besucher 700 Jahre Fachwerkgeschichte studieren. Die älteste Fachwerkhäuserzeile steht übrigens in Esslingen.