Das Kulturfernsehen von 3 Sat adelt die legendären Kino-Krimis mit einer Werkschau. Zum Auftakt wartet der Sender gleich mit einem Höhepunkt auf: „Der Hexer“.

Kultur: Tim Schleider (schl)

Stuttgart - Opas Kino sei tot: Mit diesem Kampfaufruf aus dem Jahr 1962 haben die damals jungen deutschen Autorenfilmer und eine sie innig begleitende Filmkritik die Debatte derart geprägt und in Beton gegossen, dass manche Perlen des westdeutschen Nachkriegsfilms lange Zeit völlig aus dem kulturellen Gedächtnis fielen. Immerhin: dass dieses Opa-Kino just in den 1960er-Jahren einige Genre-Sparten auf bemerkenswerte Weise besetzen konnte, dass hat sich inzwischen zum Glück herumgesprochen.

 

Ein schönes Beispiel hierfür sind die Edgar-Wallace-Filme aus der Berliner Rialto-Filmproduktion – sie sind inzwischen längst Kult. Das öffentlich-rechtliche Kulturfernsehen von 3 Sat widmet den insgesamt 38 Kinoproduktionen, die zwischen 1959 und 1972 entstanden sind, nun eine sechsteilige Werkschau. Und los geht es an diesem Sonntag gleich mit einer langen Edgar-Wallace-Filmnacht, von 20.15 Uhr bis weit nach Mitternacht. Auf dem Programm stehen drei Klassiker, entstanden zwischen 1963 und 1965: „Der Hexer“, „Neues vom Hexer“ und „Der Zinker“.

Der Regisseur Alfred Vohrer schuf eine eigene Welt

Regisseur aller drei Filme ist der 1986 verstorbene Alfred Vohrer, der die Wallace-Reihe besonders geprägt hat: Ob es nun die gern im Halbdunkel spielende Schwarz-Weiß-Ästhetik ist, das beherzte Spiel mit Gruseleffekten, die Nahperspektive auf das Minenspiel der Schauspieler oder die Einbindung ebenso irrer (Klaus Kinski!) wie skurriler Figuren (Eddi Arent!) – der 1914 in Stuttgart geborene Vohrer, der nach dem Krieg zunächst beim Synchronisieren tätig war, schuf hier eine ganz eigene Ästhetik. Nicht zuletzt war es seine Idee, zu Beginn des Vorspanns eine Stimme aus dem Off zum Publikum sprechen zu lassen: „Hallo! Hier spricht Edgar Wallace!“ Die Stimme war übrigens seine eigene.

Tatsächlich sind übrigens nicht alle der 38 Wallace-Filme tatsächlich Verfilmungen von Krimis des 1932 gestorbenen britischen Autors. Die Marke war lange Zeit so populär, dass man einige Erfolg versprechende Stoffe einfach dazu erfand. Die beiden „Hexer“-Filme und „Der Zinker“ basieren aber tatsächlich auf Originalkrimis, oder zumindest auf Motiven daraus – und zeigen beispielhaft das Erfolgsrezept des genau durchdachten dramaturgischen Tableaus: Da gibt es eine offenbar irgendwie nach Plan ausgeführte Mordserie, es gibt einen geschickt maskiert auftretenden Täter, es gibt ein großes Personal an Verdächtigen, die alle entweder ein bisschen verrückt oder ein bisschen hysterisch sind. Und mittendrin in dieser unübersichtlichen, bedrohlichen Wirrnis: der Inspektor!

Die Filmkommissare kamen auch im Fernsehen groß heraus

In den Wallace-Filmen sind die Ermittler tatsächlich noch die Stimme der nüchternen Vernunft, die durch geschicktes, genau bedachtes Agieren nach dem Täter suchen, der, so ahnt der Zuschauer, praktisch von den ersten Filmminuten an bereits präsent war, aber natürlich bestens getarnt. Die Schauspieler Siegfried Lowitz, Heinz Drache und der damals wirklich unverschämt gut aussehende Joachim Fuchsberger waren Idealbesetzungen für diesen Part – und bei den Zuschauern wurde ihr Bild von einem Kommissar derart zum Ideal, dass sie später auch als TV-Ermittler ein gutes Auskommen fanden.

„Ob ein Film erfolgreich ist, entscheidet sich an der Kinokasse“ – mit diesem Spruch hat sich der Regisseur Alfred Vohrer bei den Filmhistorikern natürlich nicht gerade beliebt gemacht. Immerhin beweisen seine Filme: Ein zweiter oder dritter Blick lohnt sich alle Mal, und sei` aus ironischer Distanz – und macht auch Opas Kino plötzlich wieder quicklebendig.

3 Sat,
Sonntag, ab 20.15