Auf die deutschen Kugelstoßer ist Verlass. Hinter dem Weltmeister David Storl hat sich dabei der Sindelfinger Tobias Dahm ins Rampenlicht geschoben. Er hat die 20-Meter-Marke im Visier – sowie die EM in Zürich.

Sindelfingen - Die deutschen Werfer und Stoßer sind seit Jahren feste Erfolgsgaranten. Zuletzt gewannen sie bei der WM in Moskau vier der sieben Medaillen für den Deutschen Leichtathletik-Verband. Technisches Knowhow und systematische Talentsuche zeitigen die Erfolge. Im Schatten des Kugelstoß-Weltmeisters David Storl (Chemnitz) hat sich in Tobias Dahm (VfL Sindelfingen) nun fast unbemerkt ein Aufsteiger etabliert.

 

Mit schweren Beinen kam Dahm vom Trainingslager vergangene Woche in Kienbaum bei Berlin nach Karlsruhe zu den Landesmeisterschaften. Mit 19,03 Meter, seiner zweitbesten Hallenweite, schnappte der 26-Jährige dem favorisierten Marco Schmitt (Steinbach/18,84) im allerletzten Versuch überraschend den Titel weg. „Das war schon große Klasse“, freute sich Trainer Peter Salzer über seinen Schützling.

Dahm hatte im vorigen Sommer bei den nationalen Titelkämpfen in Ulm ein erstes Ausrufezeichen gesetzt. Mit einer fast unglaublichen Steigerung um 40 Zentimeter auf 19,96 Meter wurde er hinter David Storl deutscher Vizemeister. „Tobias macht eine sehr gute Entwicklung durch“, hat auch der Bundestrainer Sven Lang registriert. Mit 2,03 Meter Körpergröße und 114 Kilogramm bringt Dahm Idealmaße mit. „An der Schnelligkeit müssen wir noch arbeiten“, kennt der Landestrainer Salzer Dahms Schwachstelle.

Zudem passt bei dem aus Neuhengstett bei Calw stammenden ruhigen, zuverlässigen und fleißigen Athleten die Abstimmung von Beruf und Leistungssport noch nicht. Dahms Tagespensum hat es nämlich in sich. Morgens um fünf Uhr klingelt der Wecker, um sechs steht er bei Mercedes in Sindelfingen in der Produktionshalle, kurz nach drei mittags fährt er nach Stuttgart an den Olympiastützpunkt. Vierstündige Trainingseinheiten im Ring und im Kraftraum gehören dann zum obligatorischen Ablauf. „Tobias ist sehr motiviert“, sagt Salzer zu dessen Stärken.

Für das Trainingslager in Kienbaum musste Dahm Urlaub nehmen, für Freistellungen vor den Deutschen Meisterschaften macht er Überstunden. Während professionell trainierende Athleten schon acht bis zehn Mal an Kraft und Technik feilen, muss sich der Kugelstoßer aus dem Schwarzwald auf sechs Trainingseinheiten beschränken.

Leistungssport made in Germany.

Angefangen hat Dahm als Fußballer und Mehrkämpfer. „Ich bin zur Leichtathletik gewechselt, weil ich da nicht auf andere, sondern nur auf mich angewiesen bin“, nennt er den Grund für eine Karriere mit der Eisenkugel. Mit 24 Jahren sind seine Leistungen geradezu explodiert: in zwei Jahren steigerte er sich um 1,33 Meter. Die Fortschritte werden mit zunehmendem Leistungsniveau allerdings geringer. Doch das nächste Ziel ist klar – die 20-Meter-Marke.

„Ich baue auf Tobias im Hinblick auf die EM in Zürich im Sommer“, macht Bundestrainer Sven Lang dem Sindelfinger große Hoffnungen. Doch bis zur EM-Norm von 20,30 Metern wird er noch manche Hantel im Kraftraum drücken und viele Stöße aus dem 2,14 Meter großen Ring absolvieren müssen. Und zwischendurch wird sich Dahm bei Mercedes um die Erlkönige kümmern. Jene Autos, die geheim getestet werden, bevor sie auf den Markt kommen.