Unter dem Schulzentrum Rudersberg (Rems-Murr-Kreis) liegt ein ehemaliger Atombunker. Lange Zeit war dieser streng geheim – am Wochenende öffnet er erstmals. Eine Bürgerinitiative hat dort einen Kulturort entstehen lassen.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Die Rudersberger Unterwelt birgt ein Geheimnis – ein Gebäude, von dem viele Jahrzehnte lang kaum ein Mensch wusste. Und das, obwohl direkt darüber das Leben tobte. Unterhalb des Schulzentrums befindet sich ein ehemaliger Atombunker. Dieser war in der frühen Phase des Kalten Kriegs, zwischen 1958 und 1964, parallel zum Schulzentrum gebaut – die Schule oberhalb, der Schutzraum unter dem Gebäude 1. Wäre es zu einem Ausbruch eines Kriegs zwischen den westlichen Staaten und der Sowjetunion gekommen, wäre abzusehen gewesen, dass die Kliniken in Stuttgart überlastet würden – oder gar nicht mehr stünden. Der Bunker in Rudersberg hätte dann als Behelfskrankenhaus gedient.

 

Insgesamt wurden bundesweit rund 220 vergleichbare Bunker gebaut – inzwischen sind davon kaum noch welche übrig. Der Rudersberger Bunker ist einer von noch fünf erhaltenen seiner Art – für die Kulturinitiative Bunker, die im Juli 2020 gegründet wurde, war dies ein Grund mehr, dem Ort neues Leben einzuhauchen. Lange Zeit diente das Gewölbe vor allem dem Schulzentrum als Abstellraum für Möbel und dergleichen – ansonsten war es eher eine Art Lost Place. Die Corona-Pandemie und ihre Folgen verzögerten das Projekt freilich: Enge Veranstaltungsorte waren seinerzeit nicht gerade gefragt. Und auch wenn es angesichts eines Atombunkers seltsam erscheinen mag: Auch die Brandschutzvorgaben waren gar nicht so leicht umzusetzen. „Die Gemeinde Rudersberg musste drei Brandschutztüren einbauen lassen“, erklärt Gesa Weik von der Kulturinitiative.

Auch Schulen sollen „Mr. Cold War“ ansehen können

Mit Unterstützung aus dem Rathaus konnte aus dem Bunker inzwischen tatsächlich ein Ort der Kultur und des Erinnerns werden, der auch von Schulen genutzt werden wird. Ein Teil des Konzepts ist eine kleine Dauerausstellung über die Zeit des Kalten Krieges – und regelmäßige Veranstaltungen. An diesem Wochenende ist es so weit und der Bunker öffnet mit einem Beitrag zu den diesjährigen Winterkulturtagen des Schwäbischen Waldes erstmals seine Hochsicherheitstore. Das Programm könnte passender nicht sein: Der Schauspieler Thomas Fritsche alias „Mr. Cold War“ erklärt im Stück „Eine verstrahlte Menschheitsgeschichte“ humorvoll und gleichzeitig ernstzunehmend, was es mit der Konfrontation der Weltmächte auf sich hat und welche Rolle das kleine Rudersberg mit seinem Bunker dabei spielte. Er schlüpft in die Rolle eines Professoren, der beim Versuch, alle Atomraketen der Welt zu zerstören, eine Zeitreise unternimmt. Dabei erkundet er die Geschichte von Marie Curie bis hin zum drohenden atomaren Overkill.

Im Herbst soll es weitere Vorführungen geben

Das Stück ist in Monologform gehalten und stammt aus der Feder von Jasmin Meindl und Christian Muggenthaler aus dem Team des Backnanger Bandhaustheaters. Es wird am Freitag, 1. März erstmals gezeigt. Der Einlass beginnt um 19.30 Uhr, eine halbe Stunde später startet das Stück, das auch eine Führung durch die Kunsthistorikerin Ines Ebertz beinhaltet. Karten kosten im Vorverkauf 15, an der Abendkasse 18 Euro. Schüler zahlen nur acht Euro, „Mr. Cold War“ wird für ein Alter von 13 Jahren aufwärts empfohlen. Weitere Termine sind Samstag, 2. März (20 Uhr) und Sonntag, 3. März, 18 Uhr. Tickets kann man unter der E-Mail-Adresse bunker.karten@web.de vorbestellen. Weitere Vorführungen des Stücks sind im Herbst geplant.

Kultur im Bunker Auf ihrer Webseite www.bunker-rudersberg.de klärt die Kulturinitiative über die Entstehung des Projekts auf und zeigt unter anderem ein sehenswertes Video, das mit einem Drohnenflug beginnt und unter der Erde im Atombunker endet.