Dass es bei digitalen Bildung nicht so richtig vorangeht im Land, liegt aus Sicht von Kultusministerin Susanne Eisenmann vor allem auch am Bund. Ist das so? Oder schiebt die CDU-Politikerin hier die Verantwortung nur ab?

Stuttgart - Die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) hat eine schleppende Umsetzung des Digitalpakts Bildung beim Bund kritisiert. Außer Ankündigungen gebe es nichts, sagte die CDU-Politikerin im Interview der Deutschen Presse-Agentur. „Wir müssen endlich mal wissen, was auf welcher Basis wie gefördert wird“, sagte Eisenmann. „Wir sind aber seit zwei Jahren in der Ankündigungsphase und keinen Schritt weiter.“ Zudem kündigte sie Widerstand an gegen eine mögliche Änderung des Grundgesetzes und die Übertragung von Länderkompetenzen an den Bund.

 

Während die Grünen im Landtag - als Seniorpartner in der grün-schwarzen Koalition - die CDU-Politikerin unterstützten, kam von der FDP und AfD Kritik an der Ministerin. Das „Gejammer“ über fehlende Bundesmittel sei fehl am Platz, weil Bildungspolitik Ländersache und deshalb hier finanziert werden müsse, meinte der AfD-Fraktionsvize Rainer Podeswa. Er sagte, dass auch der für die Digitalisierung fachlich zuständige Innenminister Thomas Strobl als CDU-Bundesvize einen Draht zur Bundesregierung habe und die Sache beschleunigen könne.

Grüne stellen sich auf die Seite von Eisenmann

Mehr innerparteilichen Druck auf die CDU als führende Kraft in der Bundesregierung wünscht sich auch der für Bildung und Digitalisierung zuständige FDP-Abgeordnete Timm Kern. Ministerin Eisenmann schiebe die „Schwarzer-Peter-Karte“ weiter, um von eigenen Versäumnissen abzulenken, sagte er. Er kritisierte mit Blick darauf, dass bald die Hälfte der Regierungszeit im Südwesten vorbei sei, dass es nichts Zählbares in der digitalen Bildung gebe.

„Auch leiden die Schulen nach wie vor unter fehlenden Anschlüssen an das schnelle Internet“, sagte Kern. Es reiche nicht, auf Geld vom Bund zu warten. „Frau Eisenmann ist dringend gefordert, ihre eigenen Anstrengungen voranzutreiben, damit Baden-Württemberg bei der digitalen Bildung nicht noch weiter abgehängt wird“, sagte Kern. „Nach wie vor fehlt es an einer wirklichen Strategie für unser Land.“

Dagegen stellten sich die Grünen im Landtag an die Seite der CDU-Politikerin Eisenmann und warfen dem Bund eine ärgerliche und nicht nachvollziehbare „Hinhaltetaktik“ vor. „Der Bund muss die Länder finanziell angemessen ausstatten, so dass sie ihre Aufgaben wahrnehmen können“, sagte Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz. Nötig sei eine „verlässliche und nachhaltige Finanzierung und kein Flickenteppich von zeitlich begrenzten Förderprogrammen oder einem Pakt, der mit einer Grundgesetzänderung daherkommt“. Deshalb hätten die Länder den Bund schon 2009 aufgefordert, ihnen Geld aus der Umsatzsteuer zu überlassen.

Baden-Württemberg rechnet mit rund 650 Millionen Euro vom Bund

Der Bund will den Pakt für Digitalisierung an den Schulen 2019 starten. Das hatte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) im Juni gesagt. Ab dann sollen fünf Milliarden Euro in fünf Jahren in die Kommunen fließen. Der Südwesten warte nun auf Gespräche mit Karliczek über die Ausgestaltung des Digitalpakts, sagte Eisenmann. „Das Ziel des Bundes, ab 01.01.2019 auszuzahlen, ist höchst anspruchsvoll - in Anbetracht dessen, wie lange das jetzt schon dauert“, meinte sie. Baden-Württemberg rechnet nach Darstellung der Ministerin mit rund 650 Millionen Euro vom Bund. Die Frage bleibe aber, wofür das Geld ausgegeben wird.

Für den Digitalpakt ist aus Sicht des Bundes eine Grundgesetzänderung notwendig. Allerdings warnte Ministerin Eisenmann davor, den föderalen Gedanken der Bildungshoheit zu unterhöhlen. „Wir lehnen die Grundgesetzänderung ab“, sagte sie. Die Änderung sei für November angekündigt. Allerdings habe Baden-Württemberg dazu im Bundesrat Änderungsanträge eingebracht. Mit Blick auf den Digitalpakt sagte sie, dass er ein schlechtes Beispiel dafür sei, „dass bildungspolitische Verantwortung in Berlin besser aufgehoben sein könnte als in den Ländern“.

Auch Grünen-Fraktionschef Schwarz kündigte Widerstand gegen die Grundgesetzänderung an. „Wir werden uns dagegen verwehren, dass sich der Bund immer mehr Einfluss verschaffen und in die ureigenen Angelegenheiten der Länder einmischen will“, sagte er. Die aktuelle föderale Grundordnung sei bürgernah und habe sich seit Jahrzehnten bewährt.