Im Giftmordprozess erhalten die beiden Polizistinnen lange Haftstrafen. Die Haupttäterin wird zu zwölf Jahren verurteilt. Ihre Komplizin, die die Insulinspritze per Dienstpost geschickt hat, muss fünf Jahre ins Gefängnis.

Tübingen - Eine lebenslange Haft hatte der Staatsanwalt am Tübinger Landgericht für jene 40-jährige Polizistin gefordert, die mit einer Insulinspritze vergangenen Februar ihren Ehemann in der gemeinsamen Reutlinger Wohnung umbringen wollte. „Ich will ihn aus unserem Leben haben“, chattete damals die Mutter zweier Kinder mit ihrer Komplizin. Über Whatsapp entspann sich ein Plan, der um ein Haar tödlich für den 52-jährigen Kriminalkommissar ausgegangen wäre. Die drei Richter der Schwurgerichtskammer entschieden anders als von der Anklage gefordert: Zwölf Jahre Freiheitsstrafe wegen versuchten Mordes, lautete das Urteil, das am Freitag verkündet wurde. Die 42-jährige Komplizin muss wegen Beihilfe fünf Jahre hinter Gitter.

 

Tat über Whatsapp geplant

Es sei „ein denkwürdiges Verfahren gewesen“, sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Polachowski. Zum einen, weil zwei Polizistinnen angeklagt waren: „Man kann von ihnen erwarten, dass sie einen inneren moralischen Kompass besitzen, der es ihnen ermöglichen sollte, Konflikte gewaltfrei zu lösen.“ Zudem seien beide tiefgläubig gewesen, auch dies eine „innere Richtschnur“, um anders zu handeln. Zum anderen war Polachowski erstaunt über die Whatsapp-Konversation, die tiefe Einblicke in die „Verbrechensverabredung“ gab. „Ich habe noch nie ein Verfahren erlebt, in dem so minutiös durch den Chatverlauf die Planung und Tat dokumentiert wurde.“ Die Auswertung habe gezeigt: „Es ging nicht um etwas Spontanes, sondern darum, den perfekten Mord zu planen.“

Der Mann überlebte dank seiner guten Kondition

Der Ehemann habe großes Glück gehabt, betonte der Richter. Als Marathonläufer sei er körperlich durchtrainiert gewesen, weshalb er bis zum Eintreffen der Rettungssanitäter durchgehalten habe. Eine Stunde später wäre der Mann wohl tot gewesen. Trotzdem entschied sich das Gericht gegen eine lebenslange Strafe. Dagegen habe gesprochen, dass es dem 52-Jährigen heute verhältnismäßig gut gehe und er wieder arbeiten kann. „Es ist Ironie des Schicksals, dass der Zustand des Strafopfers die Angeklagte vor lebenslang bewahrt hat“, sagte der Richter. Er beurteilte die 40-jährige Ehefrau trotz ihrer Alkoholprobleme und einer Persönlichkeitsstörung als voll schuldfähig. Ihr Motiv sei die Angst gewesen, dass gemeinsame Sorgerecht für die zwei Kinder zu verlieren.

Durch Lügen sei die Komplizin mit in die Tat hineingezogen worden. Die 42-Jährige habe ihre Hilfe angeboten, sich empathisch gezeigt und so manches geglaubt, was erfunden war. Etwa die Geschichte vom Suizid der Schwiegermutter, die angeblich von ihrem eigenen Ehemann in den Tod getrieben worden war. Die Komplizin hätte die Erzählungen aber hinterfragen können, was sie nie tat. Die selbst diabeteskranke 42-Jährige habe die Ampulle mit Insulin mit der polizeilichen Dienstpost geschickt, „Sie wusste dass die Dosis tödlich ist“, betonte der Richter, „wir haben hier Gift als Tatmittel.“