Der Schock bei den Mitarbeitern über die angekündigte Schließung der Landliebe-Werke in Heilbronn und Schefflenz sitzt tief. Die Gewerkschaft NGG gibt sich kämpferisch.

Wirtschaft: Imelda Flaig (imf)

Die Ankündigung des Molkereikonzerns Theo Müller, die Landliebe-Werke in Heilbronn und Schefflenz (Neckar-Odenwald-Kreis) zu schließen, kam für Betriebsrat und Beschäftigte völlig überraschend. Noch vor einem Jahr war Aufbruchstimmung angesagt.

 

Die zuständige Gewerkschaft NGG gibt sich kämpferisch. Statt das traditionsreiche Werk in Heilbronn zu schließen, fordert sie Investitionen, um das Potenzial des Werkes zu nutzen und den Beschäftigten eine Zukunft zu ermöglichen.

Die plötzliche und kurzfristige Ankündigung, das Hauptwerk in Heilbronn zu schließen, sei „ein doppelter Schlag ins Gesicht für die Beschäftigten“, sagt NGG-Landeschef Uwe Hildebrandt. „Nach der Übernahme des Werkes durch die Müller-Gruppe kam Hoffnung auf eine langfristige Perspektive auf, diese ist nun zerplatzt.“

Die Müller-Gruppe hatte erst im April 2023 die drei Landliebe-Produktionswerke Köln, Heilbronn und Schefflenz von der Molkerei Friesland Campina übernommen. Nachdem das Kölner Werk bereits vergangenes Jahr geschlossen wurde, habe die Müller-Führung den Anschein der Sicherheit für die Marke Landliebe und die Produktionswerke entstehen lassen, so der Gewerkschafter. Auch der Heilbronner Betriebsratsvorsitzende Achim Steinbach sah seinerzeit die Übernahme der Landliebe-Werke durch die Molkerei Müller als Perspektive für den Standort und die Beschäftigten.

Jetzt sitzt der Schock tief. Am 21. Februar hatte der Müller-Konzern angekündigt, die Werke Heilbronn und Schefflenz mit rund 400 Mitarbeitern schrittweise bis Sommer 2026 zu schließen und begründete dies mit hohem Kostendruck und einem enormen Investitionsbedarf. Nun sollen laut Müller Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern geführt werden, um sozial verträgliche Lösungen für die Beschäftigten zu finden.

Profitgier zulasten der Beschäftigten?

„Die Vermutung liegt nahe, dass der Müller-Konzern die traditionsreiche Landliebe nur gekauft hat, um die Konkurrenz loszuwerden“, sagt Hildebrandt. Die reine Profitgier des Milchkonzerns gehe zulasten der Beschäftigten, die vor Ort seit Jahrzehnten mit Herzblut die Produkte herstellten. „Der Mensch sollte im Mittelpunkt stehen, nicht die Marge“, sagt der Gewerkschafter.

Auf der Betriebsversammlung im Juni 2023 habe die Müller-Deutschland-Chefin noch von der Integration der Marke Landliebe ins Portfolio erzählt und erläutert, was für große Hoffnungen man auf die Marke setze, die in Deutschland so bekannt und beliebt sei. „Für uns war es unvorstellbar, dass man die Marke Landliebe von den Beschäftigten, die diese produzieren, trennen würde. Das wird nicht funktionieren und ist eine Ohrfeige ins Gesicht der Beschäftigten“, sagt Hildebrandt. Die NGG will die Schließung nicht hinnehmen und kündigt Widerstand an. Gewerkschaft und Landliebe-Betriebsrat wollen nun Unterlagen und Daten prüfen lassen. Das Unternehmen hatte in Bezug auf die beiden Standorte von „tiefroten Zahlen“ gesprochen.

Mit dem Kampf um den Erhalt von Arbeitsplätzen hat man in Heilbronn Erfahrung. Die Rettung des Unilever-Standortes in Heilbronn sei nur ein Beispiel, wie Widerstand gegen Schließungspläne gehen könne, sagt Hildebrandt. Gemeinsam mit dem Knorr-Betriebsrat in Heilbronn habe man den Mutterkonzern Unilever vor vier Jahren überzeugen können, das Tütensuppen-Werk nicht zu schließen, sondern langfristige Perspektiven zu schaffen. „Das war ein harter Kampf, aber er hat gezeigt, dass unternehmerische Entscheidungen nicht in Stein gemeißelt sind“, sagt Gewerkschafter Hildebrandt. „Die Verantwortung die damals Unilever übernommen hat, erwarten wir auch von der Müller-Gruppe.“